Spanien: Zwangsabgabe für Sparer

A man uses an ATM machine at a BBVA bank branch in Madrid
A man uses an ATM machine at a BBVA bank branch in Madrid(c) REUTERS (SUSANA VERA)
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Als erstes EU-Land führt Spanien eine Sondersteuer auf alle Sparguthaben ein. Das Gesetz gilt als Tabubruch und könnte Signalwirkung haben. In Österreich beruhigt die Regierung.

Wien/Madrid. Das gab es in Europa bislang nur zu Kriegszeiten: Als erstes EU-Land führt Spanien eine Sonderabgabe auf alle Sparguthaben ein. Die Regierung in Madrid hat das Gesetz schon Anfang Juli beschlossen, doch ist das damals wegen der Fußballweltmeisterschaft im Ausland niemandem aufgefallen. Und auch den meisten Spaniern wird erst jetzt so richtig bewusst, was auf sie zukommt.

Rückwirkend zum 1.Jänner 2014 werden alle Bankeinlagen mit 0,03 Prozent besteuert. Das sieht auf den ersten Blick nicht viel aus. Doch das Gesetz gilt in Europa als Tabubruch und könnte Signalwirkung haben.

Seit Ausbruch der Finanzkrise kursieren Überlegungen, an das Geld der Sparer zu kommen. Doch bislang haben die Politiker in der Eurozone versichert, dass Sparguthaben nicht angetastet werden. Selbst wenn eine Bank in die Pleite schlittert, sind Einlagen pro Person mit bis zu 100.000 Euro abgesichert.

Einnahmen von 400 Mio. Euro

In Spanien wurden die Banken verpflichtet, die Steuer automatisch von den Sparguthaben abzuziehen. Die Regierung in Madrid erhofft sich dadurch Einnahmen von rund 400 Millionen Euro. Das Geld soll zur Ankurbelung des Wirtschaftswachstums und zur Schaffung von Arbeitsplätzen verwendet werden. Sind die 0,03 Prozent nur der Anfang, um die Bevölkerung langsam an die Steuer zu gewöhnen? Gibt es später eine Erhöhung, falls der Staat mehr Geld braucht?

Schon vor einem Jahr liebäugelte die Regierung in Madrid mit einer solchen Abgabe. Doch weil damals die Lage auf den Finanzmärkten angespannt war, wurde vorerst darauf verzichtet. Denn im Frühjahr 2013 musste Zypern vor der Pleite gerettet werden. Ursprünglich gab es in Zypern Pläne, auch Einlagen von unter 100.000 Euro zu besteuern. Nach massiven Protesten nahm man davon Abstand. In Österreich versicherten am Donnerstag die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP gegenüber der „Presse“, dass Sparguthaben sicher sind. Im Finanzministerium heißt es, dass Einlagen schon mit einer Kapitalertragsteuer von 25 Prozent belastet werden. Eine Zwangsabgabe wie in Spanien sei in Österreich im Parlament nur mit einer Zweidrittelmehrheit möglich.

Brisante Gedankenspiele

Erst im November 2013 sorgte der Internationale Währungsfonds mit einem Gedankenspiel über eine zehnprozentige Abgabe für alle Vermögensbesitzer (nicht nur für Sparer) auch in Österreich für Aufruhr. Um die Bevölkerung zu beruhigen, musste damals Nationalbank-Chef Ewald Nowotny ausrücken. Zwangsabgaben seien „wirtschaftspolitische Verfahren, die in Kriegs- oder Nachkriegszeiten von Bedeutung waren“. Für die derzeitige Lage in den entwickelten Industriestaaten „ist eine solche Perspektive überhaupt nicht relevant und entschieden abzulehnen“, so Nowotny. In Österreich seien die Ersparnisse sicher.

Eines der Hauptprobleme ist die stark gestiegene Verschuldung. IWF-Angaben zufolge steigt die Schuldenquote aller Länder heuer auf 110 Prozent des jeweiligen Bruttoinlandsprodukts. Das ist das höchste Niveau seit dem Zweiten Weltkrieg. Laut IWF-Bericht könnte mit einer einmaligen Vermögensabgabe in der Höhe von zehn Prozent das Schuldenniveau der Euroländer auf das Niveau vor der Finanzkrise gesenkt werden.

Um die Schuldenberge abzubauen, müssten die Regierungen eigentlich Sparpakete verabschieden. Doch diese sind unpopulär. Daher setzen die Politiker und EZB-Banker auf negative Realzinsen. Zwar ist die offizielle Inflationsrate nicht hoch, die Zinsen auf Sparguthaben sind aber noch niedriger. Das bedeutet, dass Sparer auch in Österreich sukzessive Geld verlieren. Über negative Realzinsen haben sich die USA nach dem Zweiten Weltkrieg saniert.

Doch nun wächst die Sorge, dass in einigen Ländern die öffentlichen Schulden schon so hoch sind, dass sie nicht schnell genug inflationiert werden können.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.07.2014)

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