Banken: Angst vor Kettenreaktion in Portugal

Banco Espirito Santo SA As Vitor Bento Appointed New Chief Executive Officer
Banco Espirito Santo SA As Vitor Bento Appointed New Chief Executive Officer(c) Bloomberg (Mario Proenca)
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Die Krise der Bankiersfamilie Espirito Santo bedroht den ganzen Bankensektor des Landes. Die Zentralbank musste eingreifen. Jetzt wird ein Investor – und Retter – gesucht.

Wien. Die Krise der wichtigen portugiesischen Bankiersfamilie Espirito Santo schickt Schockwellen durch das Finanzsystem des ohnehin krisengeplagten Landes. Laut Staatspräsident Anabal Cavaco Silva musste die portugiesische Zentralbank am Wochenende eingreifen, um die Großbank Banco Espirito Santo (BES) zu stützen. Wie hoch die Geldspritze für das zweitgrößte Kreditinstitut des Landes ausgefallen ist, war zunächst nicht bekannt.

Die Regierung sucht nun fieberhaft nach Käufern für die angeschlagene Bank, die selbst das Opfer von Zahlungsschwierigkeiten ihrer Muttergesellschaft zu werden droht. Die engen Verflechtungen zwischen BES, ihrer Muttergesellschaft und den übrigen Banken und Großunternehmen im Land sind jetzt Grund zur Sorge: Es droht eine Kettenreaktion.

Epizentrum Rioforte

Schon am Freitag musste die Espirito Santo International (ESI) mit Sitz in Luxemburg Insolvenz anmelden. „ESI ist derzeit nicht in der Lage, ihre Schulden zu bedienen“, hieß es. Ein erheblicher Teil der Verbindlichkeiten sei fällig geworden. ESI wolle Zeit für einen geregelten Verkauf von Vermögenswerten gewinnen.

Die ESI ist zu 100 Prozent an Rioforte beteiligt – und Rioforte scheint das Epizentrum des Bebens zu sein, denn Rioforte hält die meisten Assets von ESI – darunter Immobilien und Hotels in Portugal und Brasilien. Rioforte ist zwar offiziell noch nicht insolvent – schuldet der portugiesischen Telekom aber 847 Mio. Euro, die man nicht bezahlen kann.

Das bedroht wiederum die geplante Fusion zwischen Portugals größtem Telefonanbieter und der brasilianischen Grupo Oi. Die ESI-Tochter Rioforte selbst ist zu 49,3 Prozent an der Dachgesellschaft Espirito Santo Financial Group (ESFG) beteiligt, die wiederum ein Viertel der Banco Espirito Santo hält, die in Portugal allein mehr als zwei Millionen Privatkunden hat.

Und damit erreicht das Problem die „einfachen“ Portugiesen. Denn die Kunden der BES halten insgesamt 255 Millionen Euro an Verbindlichkeiten der Dachgesellschaft bzw. an Rioforte. BES hat aber schon im Mai zugesichert, rund 700 Mio. Euro beiseitegelegt zu haben, um seine Kleinkunden zu entschädigen.

Institutionelle Investoren, die via BES rund zwei Milliarden Euro in ESI-Papiere investiert haben, will und kann BES aber nicht entschädigen.

Diese Investoren seien sich der Risken bewusst gewesen und müssten Verluste akzeptieren, so die Bank. Die Bank selbst ist mit rund 1,2 Mrd. Euro in dem Firmengeflecht investiert.

Nach der Stützung durch die Zentralbank bleibt nun die Frage, ob die Bank überleben kann – oder ob man einen ausländischen Käufer findet. Eine Pleite der Bank könnte Schockwellen aussenden, die nicht nur das portugiesische Bankensystem bedrohen würden.

Denn an BES ist auch die französische Großbank Credit Agricole zu 15 Prozent beteiligt. Ebenso die größte Vermögensverwaltung der Welt, Blackrock, mit 5,1 Prozent. Selbst die von der BES-Mutter Rioforte um 847 Mrd. Euro geprellte Portugal Telecom hält 2,1 Prozent an der Bank.

Ratingagenturen reagieren

Direkte Staatshilfen wurden von Premierminister Pedro Passos Coelho bisher aber ausgeschlossen – die Regierung sucht stattdessen nach Investoren für die angeschlagene Bank. Ricardo Espirito Santo Salgado, einer der Urenkel des Gründers und Namensgebers der Bank, hat auf Druck von Regierung und Zentralbank schon Ende Juni den Chefsessel der Bank räumen müssen – nach 22 Jahren.

Jetzt sollen auch die übrigen Mitglieder der namensgebenden Familie aus dem Vorstand der Bank entfernt werden – bevor ein Käufer für die Anteile der Familie gefunden werden kann.

Infolge der Krise wurden sowohl BES als auch ESFG und sogar die brasilianische Grupo Oi von wichtigen Agenturen herabgestuft.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.07.2014)

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