Wurde der Silberpreis manipuliert?

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Ein Kläger in den USA wirft mehreren Banken vor, den Preis des Metalls manipuliert zu haben. Ähnliche Vorwürfe gab es bereits bei Gold. Dort gab es auch schon eine Verurteilung.

Wien. Es könnte ein unrühmliches Ende werden für das Silberfixing, mit dem der Preis des Edelmetalls in London festgelegt wird. Seit 117 Jahren erfolgt dies einmal am Tag in Form einer Preiskonferenz. 1897 hat diese erstmals in den Räumlichkeiten des Edelmetall-Händlers Sharps & Wilkins stattgefunden. Zuletzt war es eine Telefonkonferenz zwischen den Händlern von HSBC, Bank of Nova Scotia sowie der Deutschen Bank. Nachdem Letztere aber bereits im Jänner erklärt hat, die Teilnahme am Silberfixing einzustellen, wird es am 14. August das letzte Mal in dieser Form stattfinden.

Die drei Banken könnte das Thema aber trotzdem noch länger beschäftigen. Denn am Freitagnachmittag amerikanischer Zeit wurde in New York eine Klage bezüglich des Silberfixings eingereicht. Der Kläger – ein Bürger aus dem US-Bundesstaat Washington – wirft den drei Banken darin vor, im Rahmen des Silberfixings den Preis zu eigenen Gunsten manipuliert zu haben. Er will seine Klage auf eine Sammelklage ausweiten, an der sich ein Investor beteiligen kann, sofern er nach dem 1. Jänner 2007 Silber-Futures gekauft hat.

Im Mai bereits erste Strafe

Für die Banken ist diese Klage insofern nicht unerheblich, als es entsprechende Vorwürfe und Klagen bereits seit Längerem hinsichtlich des Goldfixings gibt, mit dem der Preis des gelben Edelmetalls zweimal täglich in ähnlicher Weise wie bei Silber in London festgelegt wird. Und beim Gold gab es im Mai dieses Jahres auch bereits eine erste Verurteilung: So wurde die britische Bank Barclays von der Finanzaufsicht FCA zur Zahlung einer Strafe von 32 Mio. Euro verdonnert, weil es zwischen 2004 und 2013 Verfehlungen gegeben hatte und im Jahr 2012 ein Händler nachgewiesenermaßen den Goldpreis manipuliert hatte.

„Die große Geheimhaltung rund um das Fixing sorgt für ein Umfeld, das zur Manipulation anregt“, heißt es nun in der Klageschrift hinsichtlich des Silberfixings. „Die Beschuldigten haben einen großen finanziellen Anreiz, sich mit physischem Silber oder Silberderivaten einzudecken, bevor sie die Ergebnisse des Silberfixings an die Öffentlichkeit geben. Dies erlaubt ihnen die Erzielung illegaler Gewinne.“

Wie beim Goldfixing beruht der Hauptvorwurf dabei auf der technischen Vorgangsweise beim Silberfixing. Dieses findet im Rahmen einer täglichen Telefonkonferenz statt. Bei dieser Konferenz soll der Preis jedoch nicht festgelegt, sondern bloß festgestellt werden – als Mittelwert der durchgeführten Transaktionen der vergangenen 24 Stunden. Der entscheidende Grund für die Klage ist dabei, dass die Banken weiterhin mit dem Edelmetall handeln, während die Konferenz läuft. Die Banken können also ihren Informationsvorsprung über den demnächst verlautbarten neuen Preis nutzen, um selbst entsprechende Kauf- oder Verkaufspositionen aufzubauen – und so den Preis schlussendlich manipulieren. Hinsichtlich des Goldpreises gibt es daher bereits eine Reihe von Klagen – etwa von Investmentfonds.

Studien stützen Vorwürfe

Beim Gold wurde dieser Vorwurf auch von entsprechenden Studien untermauert. So hat Rosa M. Abrantes-Metz, Professorin an der New York University, die Entwicklung des Goldpreises über zehn Jahre analysiert und vor allem ab 2004 eine Häufung verdächtiger Preisbewegungen festgestellt – und zwar besonders während der Fixing-Konferenzen. An Tagen, an denen sie deutliche Preisveränderungen während der Telefonkonferenz entdeckte, bewegten sich die Preise in mindestens zwei Dritteln der Fälle abwärts, 2010 gingen sie sogar in 92 Prozent der Fälle nach unten.

Von HSBC, einer der nun geklagten Banken, werden die Vorwürfe jedoch heftig zurückgewiesen. „Wir werden uns energisch gegen diese Klage zur Wehr setzen“, so HSBC-Sprecherin Diane Flanagan. Bei den anderen beiden geklagten Banken, der Deutschen Bank und der Bank of Nova Scotia, war am Wochenende noch niemand bereit, einen Kommentar abzugeben. (jaz/bloomberg)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.07.2014)

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