Commerzbank: Hunderte Jobs wackeln

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Die deutsche Commerzbank dreht weiter an der Kostenschraube. So wird die Finanzbuchhaltung ausgelagert.

Die Mitarbeiter der Commerzbank müssen sich auf eine neue Sparwelle einstellen und um ihre Jobs bangen. "Die Führungsetage schaut sich alle Bereiche an, wo sie noch an der Kostenschraube drehen kann", sagte eine mit den Plänen vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters am Montag.

Erstes konkretes Ergebnis ist die Auslagerung eines Teils der Finanzbuchhaltung, die von Billig-Töchtern in Ostdeutschland oder Polen erledigt werden soll. In Frankfurt, Duisburg und Berlin droht damit Insidern zufolge 450 Menschen der Verlust ihres Arbeitsplatzes bei Deutschlands zweitgrößter Bank.

Der Vorstand um Martin Blessing arbeite an weiteren Kostensenkungen, sagten drei mit den Plänen vertraute Personen. "Das wird zur Daueraufgabe." Die teilverstaatlichte Commerzbank bestätigte nur Gespräche mit dem Betriebsrat über Umstrukturierungen im Finanz-Bereich, die seit Freitag laufen. Darüber hatte zuvor das "Handelsblatt" berichtet. Der Betriebsrat und die Gewerkschaft ver.di sammeln derzeit Unterschriften gegen die Auslagerungspläne und den Stellenabbau. Erst im vergangenen Jahr hatte die Commerzbank die Streichung von 5.200 Arbeitsplätzen bis 2016 angekündigt, vor allem in der Privatkunden-Sparte. Das ist jede zehnte Stelle.

Drastische Sparmaßnahmen

Schon damals sei klar gewesen, dass es mit einem einmaligen Abbau nicht getan sei, wenn insgesamt zwei Mrd. Euro investiert werden sollten, hieß es im Umfeld der Bank. Zwei Insider sagten, Ergebnisse der neuen Sparrunde könnten Mitte September dem Aufsichtsrat vorgestellt werden. Die Commerzbank sitzt derzeit auf einem Kostenblock von sieben Mrd. Euro im Jahr.

"Das Projekt 'Strategie 2016' ist noch nicht beendet, und schon stehen weitere drastische Sparmaßnahmen an", heißt es auf einem Flugblatt der ver.di-Arbeitnehmervertreter, das auf einer Betriebsversammlung verteilt wurde. "Verlagerungen und Personalabbau sollen in der Bank kein Ende nehmen. Wir vermissen seit Jahren ein überzeugendes Konzept, das wieder für Wachstum sorgt." Die Bank versucht vor allem ihr Privatkundengeschäft auf Vordermann zu bringen und zugleich die Altlasten in der Bilanz zu bereinigen. Von der Commerzbank befragte Analysten rechnen im Schnitt für 2014 mit 346 Mio. Euro operativem Gewinn in der Privatkundensparte, doch der Abbau von Immobilien-, Staats- und Schiffskrediten dürfte in diesem Jahr noch einmal 730 Mio. Euro verschlingen. Für den Gesamtkonzern rechnen Experten mit knapp einer Milliarde Euro Gewinn.

Den 450 von der Verlagerung betroffenen Mitarbeitern seien keine alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten angeboten worden, moniert ver.di. Die Tochterfirmen ComTS in Ostdeutschland und die polnische Ceri zahlen ihren Mitarbeitern deutlich weniger Lohn als die Commerzbank, die sich nach dem Bank-Tarifvertrag richten muss. "Wenn die Commerzbank Tarifflucht betreibt, hat sie mit unserem Widerstand zu rechnen", sagte Gewerkschaftssekretär Mark Roach, der auch im Aufsichtsrat der Commerzbank sitzt. Auch die Deutsche Bank lässt viele Routinearbeiten in Tochterfirmen an Niedriglohnstandorten erledigen.

Die Commerzbank ist nicht die einzige deutsche Bank, die die Kostenschraube anzieht. Die Deutsche Bank dehnt einem Bericht des "Handelsblatts" zufolge ihr Sparprogramm bis 2018 aus. Demnach wollen die beiden Co-Chefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen weitere bis zu 2,5 Mrd. Euro einsparen. Dabei stehe aber kein Stellenabbau im Vordergrund. Die HypoVereinsbank will ihr Filialnetz drastisch ausdünnen. Nach einer Untersuchung des Center for Financial Studies an der Goethe-Universität Frankfurt wollen die deutschen Banken im dritten Quartal wieder Stellen abbauen, weil die Erträge sich abschwächen. "Überraschend kommt diese Entwicklung nicht", hieß es in der Studie.

Ärger hat die Commerzbank auch mit der Finanzaufsicht BaFin. Die Behörde habe ihr in einer Sonderprüfung gleich drei schwere Rügen erteilt, weil sie Mängel in der Informationstechnik (IT) festgestellt habe, berichtete das "Handelsblatt". Ein Teil der Mängel - unter anderem eine mangelnde Dokumentation - sei aber inzwischen bereits abgestellt worden. Solche Prüfungen liefen derzeit bei vielen Banken, sagte ein Insider. "Das ist nicht schön, kommt aber immer wieder einmal vor." Sprecher der Aufsichtsbehörden und der Bank äußerten sich nicht dazu.

(APA/Reuters)

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