Russlands Banken zieht es nach Wien

RUSSIA SBERBANK
RUSSIA SBERBANK (c) EPA (SERGEI CHIRIKOV)
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Trotz EU-Sanktionen wollen die russischen Staatsbanken ihre Expansion von Wien aus fortsetzen. Die Kundengelder sind über die österreichische Einlagensicherung abgesichert.

Wien. Wegen der Ukraine-Krise wird in der EU über härtere Sanktionen gegen Russland diskutiert. So soll den russischen Staatsbanken der Zugang zu den westeuropäischen Kapitalmärkten erschwert werden. Das würde vor allem den Finanzplatz in London treffen. Denn die russischen Banken nutzen vor allem die Londoner Börse, um Wertpapiere wie Anleihen zu verkaufen. Für die russischen Staatsbanken dürften daher die Österreich-Töchter immer wichtiger werden.

Die beiden größten Moskauer Finanzkonzerne, die Sberbank und die VTB-Bank, haben ihre EU-Zentralen für Kontinentaleuropa in Wien. Anders als in London konzentrieren sich die Österreich-Töchter auf das klassische Spar- und Kreditgeschäft. Und hier sind vorerst keine größeren Sanktionen geplant.

Wolf und Randa im Aufsichtsrat

Die in Moskau ansässige Sberbank ist die führende Bank Russlands. Die Zentrale der Sberbank Europe befindet sich am Wiener Schwarzenbergplatz. Von hier wird das Geschäft in neun europäischen Ländern gesteuert. Aufsichtsratspräsident ist Siegfried Wolf, der vor Kurzem auch zum Aufsichtsratschef der staatlichen österreichischen Industrieholding ÖIAG gewählt wurde.

Der frühere Bank-Austria-Chef Gerhard Randa sitzt ebenfalls im Aufsichtsrat der Sberbank Europe. Im Vorjahr ist das Volumen der von der Wiener Sberbank-Tochter vergebenen Kredite um 15 Prozent auf 8,1 Milliarden Euro gestiegen. Noch heuer möchten die Russen von Wien aus den deutschen Markt erobern. Dazu soll mit Sberbank Direct eine Direktbank für deutsche Sparer gegründet werden.

Russen besitzen Denizbank

In Österreich ist keine Direktbank geplant. Denn die Sberbank besitzt hier bereits die Denizbank.

Diese gehört in Österreich zu den Topanbietern bei Sparprodukten. Die Konditionen sind wesentlich attraktiver als bei vielen anderen österreichischen Banken. Die Bilanzsumme der Denizbank stieg im Vorjahr um 43,5 Prozent auf 6,26 Milliarden Euro. Der Nettogewinn hat sich auf 108 Millionen Euro verdoppelt. Die Denizbank betreut in Österreich und in Deutschland 145.000 Kunden.

Wer in Österreich Kunde einer russischen Bank ist, muss sich um die Sicherheit der Spareinlagen keine Sorgen machen. Die Institute unterliegen der österreichischen Einlagensicherung. Demnach sind pro Kunde bis zu 100.000 Euro abgesichert.

Auch bei der VTB-Bank gibt der russische Staat den Ton an. Das Institut gehört ebenso wie die Sberbank zu den Topbanken in Russland. Die Europa-Zentrale befindet sich in Wien. Die VTB Bank Austria hat eine Bilanzsumme von 10,3 Milliarden Euro. Sie verfügt über Töchter in Frankfurt und in Paris. Das Institut tritt 2014 als Sponsor des Europäischen Forums Alpbach auf.

Die VTB Bank geht in Deutschland schon seit Längerem mit einer Direktbank auf Kundenfang. Angeboten werden Topkonditionen. Wer seine Spareinlagen 48 Monate binden lässt, bekommt derzeit Zinsen von 2,2 Prozent pro Jahr ausbezahlt. Sobald eine russische Bank in Österreich über eine Banklizenz verfügt, kann sie von Wien aus in andere EU-Länder expandieren. Für die im Ausland eingesammelten Kundengelder gilt die österreichische Einlagensicherung.

Österreicher gegen Sanktionen

Nicht nur die russische, sondern auch die österreichische Wirtschaft hat mit verschärften Sanktionen keine Freunde. Der Chef der Raiffeisen Bank International, Karl Sevelda, warnt vor einem Russland-Sanktionswettlauf. Da gäbe es für alle Seiten nur Verlierer.

Raiffeisen und Bank Austria haben im Verhältnis zu ihrer Größe besonders viele Kredite in Russland vergeben. Der Chefökonom der Bank Austria, Stefan Bruckbauer, vermutet, dass Europa im Fall eines Handelskriegs ein bis zwei Quartale in die Rezession fallen würde.

„Doch Russland würde sich fünf Jahre nicht erfangen“, so Bruckbauer zur APA. Russland sei schon jetzt angeschlagen. Eine Gefahr sei, dass die Situation aus dem Ruder gerate und irgendwann nicht mehr steuerbar sei.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.07.2014)

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