Europas Banken verdienen zu wenig

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Die europäischen Großbanken erholen sich langsam und verbessern ihre Kapitalbasis, die Eigenkapitalrendite der Institute ist aber weiter viel zu niedrig, sagt eine Roland-Berger-Studie.

Wien/München. Die europäischen Großbanken sind erfolgreich bei der Verbesserung ihrer Bilanzstruktur unterwegs, sie liegen mit ihrer Eigenkapitalrentabilität aber noch weit hinter den Erwartungen ihre Aktionäre und auch weit hinter der amerikanischen Konkurrenz. Dies ist die Quintessenz einer gestern veröffentlichten Studie des Beratungsunternehmens Roland Berger Strategy Consultants.

Roland Berger hat für die jüngste Auflage seiner Studie „The State of the European Banking Industry“ die Ergebnisse von 100 europäischen Großbanken ausgewertet. Fazit: Die Geldhäuser nehmen die Herausforderungen des Basel-III-Regelwerks und des kommenden EU-weiten Bankenstresstests offensichtlich sehr ernst und arbeiten massiv an der Stärkung ihrer Bilanzen. 2013 wurden in diesem Sinn 38 Mrd. Euro an Eigenkapital neu aufgebaut und Schulden in Höhe von sieben Prozent (bezogen auf die Aktiva) reduziert. Die Kernkapitalquote (Tier-1) konnte dadurch auf 16Prozent gesteigert werden. Für 2014 erwartet Roland Berger einen weiteren kräftigen Eigenkapitalaufbau im Ausmaß von 60 Mrd. Euro.

Nicht zufriedenstellend verläuft freilich die Entwicklung der Eigenkapitalrendite (ROE, Return on Investment): Die liegt im Schnitt erst bei vier Prozent der Bilanzsumme – und damit nicht einmal bei der Hälfte des angestrebten Werts. Da haben die europäischen Banken auch gegenüber der US-Konkurrenz viel aufzuholen.

Die zehn größten US-Banken erwirtschaften neun Prozent Eigenkapitalrendite. Das erklärt auch, warum die Marktbewertungen der US-Banken um fast ein Drittel über jenen der europäischen Konkurrenz liegen. Laut Roland Berger sollte die Eigenkapitalrendite von Großbanken nachhaltig bei mindestens acht bis zehn Prozent (also in der Region der US-Banken) liegen. Etwas besser sieht die Lage bei den Gewinnen aus: Die Vorsteuergewinne der beobachteten Institute sind 2013 deutlich auf 60 Mrd. Euro gestiegen. Damit wurde freilich nur die Scharte von 2012, als es einen 2,5-prozentigen Gewinnrückgang gab, ausgewetzt. Insgesamt liegen die Vorsteuergewinne jetzt wieder auf dem Niveau von 2011.

Herausforderung Osteuropa

Vor einem „herausfordernden Umfeld“ sieht Roland Berger nach wie vor die Banken in Osteuropa. Ausgerechnet in dieser Region sind die österreichischen Institute aber besonders stark vertreten. In der CEE-Region (Mittel- und Osteuropa) kämpfen die Geldhäuser laut Studie immer noch mit außerordentlich hohen Volumina an faulen Krediten (Non Performing Loans). Der Fokus werde in dieser Region weiter auf den Abbau dieses Problemkreditportfolios gerichtet bleiben. Das Umfeld bleibe „wirtschaftlich schwierig und politisch unsicher“. Auf ein ruhiges Geschäft dürfen die Banken dort auf absehbare Zeit nicht hoffen: Die Volatilität werde in der Region „mittelfristig hoch“ bleiben, was „die Führung und Steuerung des Netzwerkes herausfordernd macht“, meint Rupert Petry von Roland Berger in Wien.

Laut Petry liegt der Fokus der österreichischen Banken derzeit auf der „Transformation der Geschäftsmodelle an die neue Regulierungsrealität sowie auf nachhaltigen Anpassungen der Kostenbasis“ – womit sie sich nicht wesentlich von den anderen europäischen Instituten unterscheiden. Viele Banken seien in ihrem Transformationsprozess unterdessen so weit, dass sie sich schon wieder mit der Erschließung neuer Ertragsquellen befassen, so der Experte. Eine Strategie, die Roland Berger den Banken empfiehlt: Sie sollten Mut zu „First Mover“-Aktivitäten entwickeln und wieder Schwellenländer ins Visier nehmen. (red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.07.2014)

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