Paul Singer: Argentiniens Staatsfeind Nummer eins

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In Südamerika kennt man ihn nur als skrupellosen Kapitalisten. Aber in New York tut sich Hedgefonds–Chef Paul Singer durch seinen Aktivismus hervor: Singer spendet Millionen für die Forderung nach einer Homo-Ehe.

Wien/New York. Paul Singer ist ein Mann mit vielen Gesichtern – aber in Argentinien kennt man nur eines: die Fratze eines skrupellosen Turbokapitalisten, der ganze Staaten in die Pleite schickt, um ein paar Milliarden zu verdienen. So jedenfalls wird Singer in Argentinien dargestellt, seitdem er in New York einen Rechtsstreit um Anleihen aus der Zeit vor dem Staatsbankrott 2001 führt. Es geht eigentlich nur um rund 1,5 Mrd. Euro. Aber Singer, Mitbegründer und Chef des Hedgefonds Elliot Management, spielt mit dem Feuer.

Mit juristischen Tricks blockiert er auch die Auszahlung von Zinsen an andere Anleihenhalter. Das ist der Grund für Argentiniens offiziellen Staatsbankrott am Donnerstag. Der 69-jährige Singer fährt diese Strategie freilich nicht zum ersten mal. Im Gegenteil: Vor Argentinien versuchte Singer ähnliche Strategien mit Peru und dem Kongo. In jedem Fall liefert er der Regierung von Cristina Kirchner in Buenos Aires jede Menge Angriffsfläche für populistisch-nationalistische Sprüche, denn er macht es dem Land wahrlich nicht leicht.

Weil Argentinien sich seit Jahren weigert, ihm die genannten 1,5 Mrd. Euro auszuzahlen, versuchte Singer jahrelang Vermögenswerte rund um den Globus pfänden zu lassen – vom Stand auf der Frankfurter Buchmesse bis zur Präsidentenmaschine. 2012 reichte der lange Arm seines Hedgefonds tatsächlich aus, um eine argentinische Marine-Fregatte in einem Hafen in Ghana festsetzen zu lassen.

Milliardär und Spender

Argentinien kann ihm das Geld freilich nicht auszahlen – denn sonst könnten auch die anderen Gläubiger vom eigentlich längst vereinbarten Schuldenschnitt zurücktreten. Dann käme auf das Land eine Rechnung von 100 bis 400 Mrd. Euro zu – unbezahlbar für Buenos Aires. Deshalb spielt Kirchner auf Zeit. Ab dem kommenden Jahr können die anderen Gläubiger nicht mehr zurückziehen.

In seiner Heimat tritt Singer freilich ganz anders auf. Wie viele superreiche (sein Vermögen wird auf 1,5 Mrd. Dollar geschätzt) Wall-Street-Manager sieht er sich gern als Philanthrop und großer Spender. Seine „Paul E. Singer Family Foundation“ setzt sich für wohltätige Projekte ein, unterstützt Schulen, Kinder und die Polizei von New York. Politisch steht Singer den Republikanern nahe.

Kämpfer für Schwulenrechte

Singer hat sowohl den Ex-Präsidenten George W. Bush als auch den New Yorker Bürgermeister Rudy Giuliani finanziell unterstützt. Das meiste Geld gab Singer aber aus, um ein bei den Republikanern unbeliebtes Thema salonfähig zu machen. Singer hat rund zehn Mio. Dollar investiert, um Republikaner von der Homo-Ehe zu überzeugen.

Singer, der selbst seit 1996 geschieden ist, sagte zu dem Thema: „Die Institution der Ehe ist in Amerika inzwischen komplett kollabiert.“ Dass Schwule heiraten wollen, sei deshalb eine „coole, wunderbare Sache“. Hintergrund: Singers Sohn ist schwul. Er hat seinen Ehemann im Bundesstaat Massachusetts geheiratet. (ag./jil)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.08.2014)

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