Benko rührt bei Karstadt kräftig um

Clock showing one minute to noon is seen at a warehouse of the German department store chain Karstadt in Hamburg
Clock showing one minute to noon is seen at a warehouse of the German department store chain Karstadt in HamburgREUTERS
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Der neue Eigentümer der maroden Kaufhauskette, René Benko, will angeblich in deren Sanierung investieren. Als Retter sieht er sich aber nicht. Schließungen stehen bevor.

Essen/Wien. Was unter dem Ex-Karstadt-Eigentümer Nicolas Berggroen nicht passierte, dürfte unter dessen Nachfolger René Benko bald Realität werden. Die marode Kaufhauskette mit derzeit 83 Warenhäusern und rund 17.000 Mitarbeitern steht vor groben Einschnitten. Benko will umgehend mit der Sanierung beginnen, binnen zwölf Monaten soll die Kette gesundgeschrumpft sein. 15 bis 20 Standorte sollen nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ geschlossen und Stellen abgebaut werden. Als Karstadt-Retter sehe sich Benko aber nicht, schreibt die „Bild“.

In der Führungsetage vertraut Benko auf den bisherigen Karstadt-Aufsichtsratsschef Stephan Fanderl, der fortan das Karstadt-Management leiten soll.

Wenn man Benkos bisherige Strategie bei Handelsimmobilien betrachtet, dürfte auch bei den verbleibenden Standorten kein Stein auf dem anderen bleiben. Als Beispiel gilt das Kaufhaus Tyrol in Benkos Heimatstadt Innsbruck. Benko machte aus dem Kaufhaus ein Einkaufszentrum mit mehr als 50 Mietern. Erfolgreich, wenn man der Signa-Holding Glauben schenken darf: Der Standort zähle pro Monat mehr Besucher als Tirol Einwohner hat. Karstadt – bisher der größte Coup in der Karriere des Immobilieninvestors – hat allerdings andere Dimensionen.

Rauschen im Blätterwald

In deutschen Medien wird Benko mit Skepsis beäugt. Der eben erfolgte zweitinstanzliche Schuldspruch wegen verbotener Intervention – „in Deutschland würde man dazu Korruption sagen“, schreibt die „Welt“ süffisant – wird genüsslich breitgetreten. Dem Urteil zufolge hat Benko versucht, ein Steuerverfahren gegen die Signa in Italien zu manipulieren. Ivo Sanader, damals Regierungschef in Kroatien, sollte seine Kontakte zu Silvio Berlusconi spielen lassen. Für diesen Dienst hatte ihm Benko 150.000 Euro in Aussicht gestellt.

Benkos Talent, mächtige Leute für sich zu gewinnen, war seiner Karriere bisher sehr förderlich. Zu seinen Geschäftsfreunden zählen etwa Bau-Tycoon Hans Peter Haselsteiner – er ist Anteilseigner beim der Signa Prime Selection – ebenso Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking. Im Aufsichtsrat sitzt Ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer. Auch Tierfutter-Hersteller Torsten Toeller (Fressnapf) und Unternehmensberater Roland Berger zählen zu Benkos engerem Kreis.

Die deutsche Gewerkschaft Ver.di lässt sich von der illustren Freundesschar nicht beeindrucken und fordert ein tragfähiges Zukunftskonzept für die Karstadt-Häuser und deren Mitarbeiter. Laut „Bild“-Zeitung plant Benko tatsächlich, in die verlustreiche Kaufhauskette zu investieren, die er für einen symbolischen Euro von Berggroen übernommen hat.

Vom Retter zum Profiteur?

Berggroen wird schon seit Längerem vorgeworfen, nicht genug in die Sanierung von Karstadt investiert, sondern sich im Gegenteil noch am maroden Konzern bereichert zu haben. So räumte er Karstadt zwar – Bedingung für die Übernahme – einen Kredit über 65 Mio. Euro ein, verlangte dafür aber exorbitant hohe Zinsen.

Außerdem soll er über die Karstadt-Markenrechte einige Millionen aus dem Unternehmen abgeschöpft haben. Berggroen selbst sagt, er habe 400 Mio. Euro in Karstadt investiert, die Sache sei für ihn ein Verlustgeschäft gewesen.

Benko wird sich nun genau ansehen, welche Investitionen sich für ihn rechnen. Karstadt müsse jedenfalls raus aus den Medien und der zermürbenden öffentlichen Diskussion, sagte Signa-Retail-Geschäftsführer Wolfram Keil am Freitag. (es/ag.)

AUF EINEN BLICK

Kein Retter.Immobilieninvestor René Benko will nicht als Retter der Karstadt-Kette gefeiert werden und kündigt Filialschließungen (15 bis 20 der 83 Standorte, heißt es ) und Stellenabbau an. Die Standorte, die bestehen bleiben, dürften in Einkaufszentren umgewandelt werden, eine Strategie, die Benko bereits im Kleinen beim Kaufhaus Tyrol in Innsbruck getestet hat. Benko habe aber auch vor, in Karstadt zu investieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.08.2014)

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