Argentinien: Ein Tauschhandel mit den Gläubigern

140731 BUENOS AIRES July 31 2014 A stockbroker reacts during his working day at Buenos Air
140731 BUENOS AIRES July 31 2014 A stockbroker reacts during his working day at Buenos Air(c) imago/Xinhua (imago stock&people)
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Das Land versucht, mit einem heiklen Manöver aus der Schuldenklemme zu kommen. Präsidentin Kirchner werden politische Motive unterstellt.

Buenos Aires. Argentinien versucht auf neuen Wegen, der Schuldenklemme zu entkommen. Am Dienstagabend ließ Präsidentin Cristina Kirchner via TV und Radio ihr Volk wissen, dass die Regierung unbedingt die Gläubiger des Landes auszahlen möchte. Darum bot sie den Anlegern an, den vom New Yorker Richter Thomas Griesa blockierten Schuldendienst in Argentinien fortzusetzen. So könnte das Zahlungsverbot umgangen werden, das der US-Richter Thomas Griesa gegen das Land verhängt hat, weil dieses nicht bereit ist, mehreren US-Hedgefonds etwa 1,6 Mrd. Dollar zu zahlen.

Staatsbank als Alternative

Wenn das Parlament dem Vorschlag der Präsidentin zustimmt, können Besitzer von Anleihen, die US-Recht unterliegen, künftig in Buenos Aires ausbezahlt werden. Dafür will die Regierung ein Guthabenkonto bei der argentinischen Zentralbank einrichten, von dem aus der Dienst der mit durchschnittlich zwölf Prozent hoch rentierenden Titel garantiert werden soll. Gleichzeitig wollen Kirchner und ihr Wirtschaftsminister Axel Kicillof den Zahlungs-Manager wechseln. Bislang wirkte die Bank of New York Mellon als Treuhänder, der alle Gelder, die nach US-Recht auszuzahlen waren, in Empfang nahm. Nun soll die staatliche Banco Nación die Zahlungen an die Gläubiger abwickeln.

Zusätzlich bot die Staatschefin den Gläubigern an, ihre nach US-Recht ausgestellten Papiere zu gleichen Konditionen gegen Bonds nach argentinischem Recht einzutauschen. „Das ist eine Option, aber keine Verpflichtung, weil wir ihnen gemäß unserer Verträge keine solche auferlegen können. Wir müssen stets Zinsen sicherstellen“, sagte Kirchner. Dass die Parlamentarier dem Vorstoß zustimmen werden, gilt als einigermaßen sicher, auch wenn in letzter Zeit Kirchners Mehrheit bröckelte.

Doch ob die Gläubiger das Angebot goutieren? Noch ist unklar, auf welch rechtlicher Basis ein solcher Tausch abgewickelt werden kann, der ja eine klare Missachtung des US-Rechtssystems darstellt. Die Bank of New York Mellon muss mit Klagen rechnen, wenn sie ihre Treuhanddaten zur Verfügung stellen sollte. Vor allem US-Fonds dürfte es schwer möglich sein, den Gerichtsstand New York zu verlassen, einigen ist das in ihren Statuten schlicht verboten. Außerdem fällt es schwer zu glauben, dass Anleger freiwillig ihr Geld unter Kontrolle einer Justiz stellen, die selbst von der argentinischen Regierung dauernd als langsam, ineffizient und gar korrupt bezeichnet wird.

Beobachter sehen hinter dem Vorstoß vor allem innenpolitische Motive. Denn die Präsidentin, die während der Ansprache unter Tränen eingestand, „sehr nervös“ zu sein, wertete die Causa zum „Kampf um die nationale Souveränität“ auf. Oppositionelle, die ihren Gesetzesvorschlag ablehnen, können so in den Ruch von Vaterlandsverrätern geraten. Seit der Eskalation des Schuldenkonflikts versucht die Regierung, den Hedgefonds und dem New Yorker Richter Griesa den Großteil der Verantwortung für die schlechte Wirtschaftslage zu geben. Das Land steckt aber schon lange in der Rezession.

Nachdem mehrere Versuche von Banken scheiterten, den Hedgefonds die explosiven Papiere abzukaufen und so den regulären Schuldendienst wieder zu ermöglichen, hat sich jeglicher Optimismus verflüchtigt. Das Land steckt seit Jahresanfang in der Rezession, der Dollarkurs auf dem Schwarzmarkt steigt täglich, und weil die offiziellen Devisenkanäle verstopft sind, müssen viele Unternehmer mit dem etwa 50 Prozent teureren Paralleldollar kalkulieren, was die die Inflation weiter anheizt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.08.2014)

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