„Der Ölpreis ist immer politisch“

Oelpumpen
Oelpumpen(c) EPA/epa Larry W. Smith
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Der österreichische Ölfeldausstatter Catoil ist seit 1991 vorwiegend in Russland tätig. Die neuen Sanktionen betreffen ihn aber nicht, sagt CEO Manfred Kastner – der Ölpreis schon eher.

Die Presse: Der Aktienkurs der Catoil hat sich zuletzt stark bewegt. Minus 30 Prozent binnen zweier Monate, dann vorige Woche an einem Tag plus 13 Prozent– als Sie bekannt gaben, von den Russland-Sanktionen nicht betroffen zu sein.

Manfred Kastner: Als wir nach der ersten juristischen Einschätzung gesagt haben, dass wir von den russischen Sanktionen nicht betroffen sind, war der Ausschlag bei uns natürlich groß – weil wir nur mit westlicher Technik arbeiten.

Wie erlebt man die Unsicherheit und die Frage der Sanktionen auf der russischen Seite?

In unserem Ursprungsgeschäft ist eigentlich gar keine Reaktion zu spüren. Was jetzt passiert, ist ein bisschen das alte Spiel der Realpolitik: die Guten gegen die Bösen – das ist sehr schade. Bei Wirtschaftssanktionen kann man unterschiedlicher Meinung sein. Ich meine, dass Wirtschaft ein Friedensstifter ist. Solang man Geschäfte machen darf, sind beide Seiten am Frieden interessiert und hören einander zu. Sanktionen sind etwas, das letztlich beiden Seiten schadet.

Sind die Sanktionen bisher PR – oder haben sie Konsequenzen?

Dass das reine PR ist, kann man nicht sagen. Vor allem im Finanzbereich werden Auswirkungen zu spüren sein. Im Ölbereich hat es einen Effekt, allerdings für die Arktik, Schieferöl und Offshore – Bereiche, in denen wir nicht tätig sind.

Auch Russland selbst kaum noch. Sind die Sanktionen im Ölbereich also doch symbolisch?

Ja, aktuell kann man das so sagen. Das ist auch der gegenseitigen Abhängigkeit geschuldet. Man will sich ja nicht den Gaslieferanten abdrehen. Aber wenn die Sanktionen aufrecht erhalten werden, ist natürlich der potenzielle Goldrausch beim Schieferöl in Russland gefährdet. Parallel dazu ist die Frage: Welche Auswirkungen haben die Finanzsanktionen auf die Öl- und Gasproduzenten?

Wo im Ölkreislauf ist Catoil genau tätig?

Wir machen drei Bereiche: Fracking, Side-tracking und Drilling. Beim Fracking sind wir Marktführer, beim Side-tracking auch und beim Drilling, einem Zwölf-Milliarden-Markt, starten wir gerade.

Drilling heißt, nach Öl zu bohren. Und Fracking kennt man von der Stammtischdebatte. Aber was ist Side-Tracking?

Da gehen Sie zum Beispiel in 2000Meter Tiefe über ein bestehendes Bohrloch seitlich in angrenzende Formationen, müssen also nicht nochmal von vorn anfangen. In Russland gibt es über 150.000alte Bohrlöcher. Wenn man ein neues Feld einen Kilometer neben einem bestehenden Bohrloch findet, ist Side-tracking deutlich günstiger und sicherer, als neu zu bohren. Wir sind in diesem Segment seit dem Börsengang um 35Prozent pro Jahr gewachsen. Im Fracking sind wir mit derselben Technologie unterwegs wie unsere amerikanischen Mitbewerber. Wir erzielen aber die doppelte Ebitda-Marge, sind also effizienter. Aber unsere westliche Technologie bringt uns eben auch in den Fokus, wenn es um Sanktionen geht.

Fracking wurde ja erst mit der Schieferförderung wirklich umstritten...

Ja, Fracking ist eine Methode, die Jahrzehnte alt ist und bei der auch Chemikalien verwendet werden. Es gibt aber auch das Green Fracking. Das ist in Österreich aber verhindert worden, bevor man es ausprobieren konnte. Professor Hofstätter von der Montan-Uni in Leoben hat es entwickelt, die OMV wollte es auch testen.

Also chemikalienfrei?

So wurde es angekündigt. Aber es gibt noch keine Resultate, da es nicht zugelassen wurde.

Weil es Fracking heißt?

Ich denke: ja. Sehr viel ist da ideologisch – aber nicht logisch.

Gleichzeitig haben viele Leute Angst davor, dass das Öl ausgeht.

Das Öl ist eine sehr politische Dimension. Sie und ich wissen nicht, wie die Technologie und der Ölpreis in ein paar Jahren ausschauen. Es gibt genügend Öl, die Frage ist nur, zu welchen Kosten. Da ist aber auch die Frage: Was geht bei Alternativenergien weiter? Der OMV-Chef hat zum Beispiel letztens gesagt, dass er die Tankstellen für Wasserstoffautos öffnen will. Das ist ein wunderbares Beispiel, wie traditionelle Ölfirmen und Alternativenergieanbieter den Paradigmenwechsel gemeinsam beschleunigen können.

Wo steht der Ölpreis Ihrer Meinung nach in einem Jahr?

Die Investmentbanker wollen das auch immer wissen, aber ich weiß es natürlich nicht. Der Schieferölboom in den USA führt aber dazu, dass sie erstmals auch ein Interesse an einem höheren Ölpreis haben. Wenn er jetzt bei 40 Dollar stünde, dann wäre das Schieferöl uninteressant. Der Ölpreis ist immer politisch. Was passiert in Zukunft im Irak? Was im Iran? Wenn dieser wieder produzieren darf, haben Sie große Ölmengen auf dem Markt.

Dazu kommen Entwicklungen bei Alternativenergien.

Ja, natürlich. Mich faszinieren die Alternativenergien. Man darf aber nicht überschätzen, wie viel noch getan werden muss. Sie werden nicht von heute auf morgen in der Alternativenergie riesige Marktanteile generieren, denn sie brauchen ja auch die Infrastruktur dazu.

ZUR PERSON

Manfred Kastner ist seit 2005 CEO der

an der Frankfurter

Börse notierten österreichischen C.A.T. oil AG, eines Öl-und Gasdienstleisters in Russland und Kasachstan. Er ist Gründer des Vision Microfinance Fonds, eines der zehn größten Mikrofinanzfonds, und privat Technologieinvestor zum Beispiel im Bereich Lasertechnologie. [ Mirjam Reither ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.08.2014)

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