ifo-Index fällt unerwartet deutlich: "Wachstum nahe Null"

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Die deutsche Wirtschaft verliert an Schwung. Das Geschäftsklima trübte sich unerwartet deutlich im vierten Monat in Folge ein.

Das Lager der Konjunkturpessimisten in der deutschen Wirtschaft gewinnt wegen der Krisen in der Ukraine und im Nahen Osten immer mehr an Zulauf. Die Stimmung in den Cheftagen der Unternehmen trübte sich im August bereits den vierten Monat in Folge ein. Sie ist nun so schlecht wie seit gut einem Jahr nicht mehr.

Der ifo-Geschäftsklimaindex fiel unerwartet deutlich um 1,7 auf 106,3 Punkte, teilte das Münchner ifo-Institut am Montag zu seiner Umfrage unter 7000 Managern mit. "Die deutsche Wirtschaft verliert weiter an Kraft", sagte ifo-Präsident Hans-Werner Sinn.

Export stottert

Nach dem Konjunktureinbruch im Frühjahr - als das Bruttoinlandsprodukt überraschend schrumpfte - schwinden damit die Chancen auf eine Belebung in der zweiten Jahreshälfte. "Wir gehen für das dritte Quartal von einem Wachstum nahe Null aus", sagte ifo-Experte Klaus Wohlrabe. Sein Institut werde die bisherige Wachstumsprognose für 2014 von 2,0 Prozent "deutlich korrigieren in Richtung 1,5 Prozent". Wohlrabe warnt aber auch vor Schwarzmalerei: "Von einer Rezession sind wir immer noch weit entfernt." Die deutsche Bundesregierung sieht bisher keinen Anlass, von ihrer Prognose von 1,8 Prozent abzurücken. Wenn nichts Dramatisches passiere, werde die Wachstumsrate 2014 gut sein, sagte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel in Spanien.

Die Führungskräfte schätzten sowohl Geschäftslage als auch Aussichten für die kommenden sechs Monate deutlich schlechter ein als zuletzt. Besonders in der exportabhängigen Industrie läuft es angesichts der vielen internationalen Krisen und der schlappen Konjunktur im wichtigsten Absatzmarkt Europa nicht mehr rund: Hier ist das Geschäftsklima so schlecht wie seit Juli 2013 nicht mehr. "Vom Export werden immer weniger Impulse erwartet", sagte ifo-Chef Sinn. Auch im Groß- und Einzelhandel sowie bei den Dienstleistern trübte sich die Stimmung ein. Nur die Braubranche konnte sich dem Abwärtstrend entziehen.

Handelskrieg mit Russland belastet

Besonders die Sorge vor einem Handelskrieg mit Russland belastet die Exporteure. Die deutschen Ausfuhren dorthin waren im ersten Halbjahr um 15,5 Prozent oder rund 3 Mrd. Euro eingebrochen. Wegen des russischen Vorgehens in der Ukraine wurden die gegenseitigen Sanktionen im Juli nochmals verschärft. "Die deutsche Wirtschaft bleibt anfällig für Störungen von außen", sagte Nordea-Ökonom Holger Sandte. "Speziell auf der Industrie lasten die anhaltende Schwäche im Euroraum und die Unsicherheit infolge der geopolitischen Spannungen." Alexander Krüger vom Bankhaus Lampe sieht mehr als einen kleinen Stimmungsdämpfer: "Man kann jetzt endgültig sagen: 'Gute Laune adé'".

Angesichts der schwächelnden Konjunkturlokomotive Deutschland wächst die Wahrscheinlichkeit, dass die Europäische Zentralbank (EZB) im Kampf gegen die Flaute in der Eurozone nachlegt. Sie hat Pläne in der Schublade, mit dem Kauf von Wertpapieren viele Milliarden Euro in die Wirtschaft zu pumpen und so die Wirtschaft anzukurbeln. "Das Ziel ist ein schwächerer Euro", sagte Ökonom Sandte. Das könne Exporteuren helfen, weil es ihre Waren in anderen Währungsräumen billiger macht.

(APA/Reuters)

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