Ein Auto, teurer als eine Karibikinsel

Wo Männerträume wahr werden: ein Teil der Oldtimer, die Jürgen Schuster in Zipf anbietet.
Wo Männerträume wahr werden: ein Teil der Oldtimer, die Jürgen Schuster in Zipf anbietet. (c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der Preisboom bei Oldtimern hält ungebrochen an. Vor wenigen Tagen wechselte ein Ferrari 250 GTO für 38,1 Millionen Dollar den Besitzer. Selbst VW Käfer aus den 1950er-Jahren haben enorme Preissprünge gemacht.

Es gab keinen Polizeischutz, keinen privaten Sicherheitsdienst, keine Alarmanlagen, nicht einmal eine speziell gesicherte Garage. Der Ferrari 250 GTO stand in diesem Juli auf verschiedenen Parkplätzen im Ennstal wie ein ganz gewöhnliches Auto. Dabei hätte er sich jeden nur erdenklichen Schutz verdient: Vor zehn Tagen wurde ein 250 GTO, Baujahr 1962, bei einer Auktion in Kalifornien um 38,1 Millionen Dollar (28,6 Mio. Euro) verkauft. Mehr, als Schauspieler Mel Gibson für seine Karibikinsel bezahlt hat (15 Mio. Dollar).

„Er hat eigentlich kein großes Aufheben gemacht“, erzählt einer der Mitarbeiter der Ennstal-Classic, der Oldtimer-Rallye in der Steiermark, über Irvine Laidlaw. Der Schotte war mit dem 250 GTO zu dem Treffen angereist und hatte damit alle anderen Oldtimer in den Schatten gestellt: Porsches, Mercedes, Jaguars – jeder für sich ein Kleinod, aber eben keiner ein 250er.

„Ein Auto ist zum Fahren da, nicht nur zum Anschauen“, meinte Laidlaw in einem Interview nüchtern. Andere stellen ein solches Auto eher in eine eigens gebaute Garage oder sogar hinter Glas, wie ein Sammler in Österreich.


Männerträume in Zipf. „Was mit dem 250 GTO passiert, ist nicht ganz nachvollziehbar“, meint Jürgen Schuster. Der Oberösterreicher erfüllt in der kleinen Gemeinde Zipf auf 3000 Quadratmetern Männerträume. In einer großen Halle steht Ferrari an Ferrari, Maserati an Maserati und dazwischen bestens erhaltene Oldtimer: eine Corvette C1 aus dem Jahr 1959, ein Porsche 356, Baujahr 1964, und das Highlight, ein Mercedes 190 SL Clubsport, 1955, um 189.900 Euro.

„Das sind alles schöne Autos“, meint Schuster mit einer ausholenden Bewegung über die Autoarmada, „aber weit von den Ferraris entfernt. Beim 250 ist einfach auch viel Geschäftemacherei dabei. Es gibt nur wenige Stück weltweit, und die paar Sammler und Händler steigern sich jetzt gegenseitig nach oben.“

Losgegangen ist der Oldtimer-Boom in den 1990er-Jahren. „Damals haben die Vermögenden dieser Welt nach Anlagemöglichkeiten außerhalb des Aktienmarkts gesucht“, erzählt Christian Schamburek, Herausgeber des österreichischen „Oldtimer-Guide“, der heuer in der achten Auflage erscheint. Gefunden haben sie alte Autos (und auch alte Leicas: die Preise für Kameras des deutschen Herstellers sind in den vergangenen Jahren explodiert).

Seit 20 Jahren gehen die Preise stetig nach oben. Im Schnitt aller Oldtimer lag die Wertsteigerung seit 1994 laut „Classic Data“ Deutschland bei 8,5 Prozent pro Jahr. Bei speziellen Modellen auch deutlich darüber. „Vor drei, vier Jahren haben alle den Kopf geschüttelt, wenn jemand für einen Porsche 356 Speedster 150.000 Euro wollte. Heute liegt der Preis bei 250.000 Euro“, sagt Schamburek.

Darüber können die Besitzer eines Mercedes 300 SL (Flügeltüren) aus den 1950er-, 1960er-Jahren nur milde lächeln. Dessen Marktwert kletterte in den vergangenen 15 Jahren um mehr als 200 Prozent, von einst 160.000 Euro auf über 500.000 Euro. Für die Roadster-Version verlangen Händler knapp eine Million Euro.

Schuster hat ein kleines Schild in seiner Halle stehen, in dem er auf die „Wertanlage Oldtimer“ hinweist: Ein Mercedes Pagode 280 SL, der 2011 noch 55.000 Euro gekostet hat, wurde 2013 um 80.000 Euro verkauft. Oder ein Ferrari F40, 2011 noch 400.000 Euro teuer, zwei Jahre später lag der Preis schon bei 500.000 Euro.

Die Wertsteigerungen unter den Ferraris sind kaum zu überbieten. Jürgen Schuster erklärt das damit, dass die Italiener immer nur kleine Stückzahlen bauten. Und selbst da gibt es noch Unterschiede. „Da gab es einmal eine kleine Änderung da, eine größere dort – und das alles macht die Autos einzigartig und treibt den Preis bei Sammlern hoch.“

Unter den zehn teuersten Autos der Welt sind sechs Ferraris, zwei Mercedes, ein Bugatti und ein McLaren, der einzige „Youngster“ (McLaren F1, Baujahr 1997). Ein Österreicher würde sich bei diesen Preisen, wäre es anatomisch möglich, wohl am liebsten in einen bestimmten Körperteil beißen: Für Niki Lauda wurde 1986 der letzte Ferrari 288 GTO gebaut. Lauda verkaufte den Sportwagen bald wieder, heute bekommt man für einen 288 einen mittleren, sechsstelligen Eurobetrag. Der letzte jemals gebaute ist zweifellos schon siebenstellig.

Aber auch mit normalen Autos konnte man relativ gutes Geld verdienen. Ein gut erhaltener VW Käfer aus den 1950ern kostete vor einigen Jahren noch maximal ein paar tausend Euro. Heute liegt der Preis bei 15.000 Euro und mehr. Oder ein Citroën 2CV: Für eine Ente zahlt man mittlerweile 8000 Euro – mehr, als sie neu gekostet hat.


100 Mio. Euro für zehn Autos.
Vorbei ist der Boom noch nicht. „Classic Data“ hat erhoben, dass die zehn teuersten Autos des Jahres 2012 bei Auktionen 63 Millionen Euro einbrachten. Die Top Ten des Jahres 2013 kosteten ihre Käufer bereits 101 Millionen Euro. Heuer machten allein bei der Pebble-Beach-Auktion die zehn teuersten Autos knapp 100 Millionen Euro aus.

Womit wir wieder beim 250 GTO sind. Die Versteigerung Mitte August um 38,1 Millionen Dollar war eigentlich eine Enttäuschung. Denn vergangenes Jahr gab es Gerüchte um einen weitaus größeren Deal. Angeblich machte ein anonymer Käufer 52 Millionen Dollar für den 250 GTO des Autosammlers Paul Parpadello locker.

Von dem Ferrari wurden von 1962 bis 1964 nur 39 Stück produziert, die alle bis heute erhalten sind und von denen jeder eine eigene Geschichte hat. 1963 kaufte beispielsweise der österreichische Schauspieler Gunther Philipp einen Ferrari 250 mit der Chassisnummer 3505GT. Ursprünglich war er 1962 an das englische UDT-Laystall-Team von Stirling Moss' Vater ausgeliefert worden. Mit dem Ferrari verteidigte Philipp seinen Titel als österreichischer Staatsmeister. Nach zwei Saisonen verkaufte er den GTO nach England. Über den Verkaufspreis ist nichts bekannt, Philipp hat aber zweifellos das schlechteste Geschäft seines Lebens gemacht. 2002 wechselte der pastellgrüne Ferrari um 8,5 Millionen Dollar den Besitzer, 2012 zahlte ein Amerikaner dafür 35 Millionen Dollar. Der Käufer war übrigens der Telekom-Unternehmer Craig McCaw, dessen Ehefrau Susan von 2005 bis 2007 US-Botschafterin in Österreich war.


Teurer Enthusiasmus.
Auf der Strecke bleiben die, die einfach nur gern alte Autos fahren würden. Denn Oldtimer haben eine spezielle Faszination. „Zu alten Autos kann man eine emotionale Beziehung aufbauen“, sagt der niederösterreichische IT-Experte Thomas Mohab, der liebevoll einen roten Triumph TR6 pflegt. Da spiele viel Nostalgie mit, die Autos seien eine Zeitreise zurück in die Jugend, man gehe mit beherrschbarer Technik um, und außerdem „kann man noch selbst daran herumarbeiten“. Das ist nicht zu unterschätzen. Jürgen Schuster kennt Fans, die hunderte Stunden in die Restaurierung ihrer Oldtimer stecken. „Für sie ist das der eigentliche Spaß.“

Der Händler hat ein paar Tipps für noch leistbare Autos. „MG aus den 1950er- und 1960er-Jahren, Triumph, Alfa Spider – die sind alle schön zu fahren.“ Wer es gern etwas exklusiver hat, der kann sich um einen Ferrari 308, 328 oder 348 umschauen. Die sind relativ günstig bereits ab 40.000 Euro zu haben.

Allerdings hat man bei den Italienern ein großes Problem: „Es gibt kaum noch Ersatzteile“, erklärt Schuster. Das macht die Autos aber nicht billiger, sondern in den kommenden Jahren eher teurer. „Leute, die mehr Geld haben“, sagt der Oberösterreicher, „kaufen sich die Autos“, er hält kurz inne, „zum Ausschlachten“.

Zahlen

38,1Millionen Dollar hat Mitte August ein unbekannter Käufer für einen Ferrari 250 GTO bezahlt.

8,5Prozent betrug die Wertsteigerung von Oldtimern im Durchschnitt pro Jahr.

8000Euro und mehr muss man mittlerweile für einen Citroën 2CV, die Ente, bezahlen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.08.2014)

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