Last-Minute-Reisen: Der schnelle Platz an der Sonne

(c) Clemens Fabry
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Auch wenn die Reisen für Schnellentschlossene nicht mehr so günstig sind wie früher und es immer mehr Frühbucher gibt - Last Minute ist jetzt sehr gefragt.

Wien. „Die Zeit der Last-Minute-Reisen ist vorbei“, titelte die „Welt“ kürzlich etwas reißerisch. Die Aussage stammte vom deutschen Zukunfts- und Tourismusforscher Ulrich Reinhard, war aber etwas aus dem Zusammenhang gerissen. Er bezog sich auf die Spontansten der Spontanen, die mit Sack und Pack zum Flughafen fahren und dort bei einem Reisebüroschalter einfach das nehmen, was an dem Tag gerade im Angebot ist – eine in Österreich ohnehin nicht übliche Praxis.

Momentan trifft hierzulande, was die Last-Minute-Reisen betrifft, eher das Gegenteil zu: „Aufgrund des schlechten Wetters sind wir im Steigflug bei unseren Umsätzen“, sagt etwa der Chef der Verkehrsbüro-Group (Ruefa), Martin Bachlechner. Gefragt sei vor allem das Mittelmeer, also Destinationen wie Griechenland, Spanien, die Türkei und Italien. Im Juli sei die Nachfrage hingegen noch sehr zurückhaltend gewesen. Viele hofften offenbar doch noch auf einen Wetterumschwung in Österreich.

Immer mehr buchen früh

Eine längerfristige Entwicklung ist allerdings zu beobachten: Die Zahl der Frühbucher nimmt zu, während die Zahl der Last-Minute-Buchungen seit einigen Jahren stagniert. Das liegt vor allem daran, dass sich die Reisebüros ihre Kunden ein Stück weit erzogen haben und diese nun mit Frühbucherangeboten locken. „Wir setzen diese Anreize, um einen bestimmten Anteil des Geschäftes schon früh in der Kiste zu haben. Das bringt uns Planungssicherheit und eine gute Grundauslastung“, sagt Thomas-Cook-Chef Joannis Afokatudis. Zwei Drittel des Geschäftes kommen mittlerweile durch frühe Buchungen herein. Die Last-Minute-Bucher würden sich zwischen zehn und 15 Prozent bewegen.

Tui-Sprecher Josef Peterleithner nennt andere Zahlen. Jeweils ein Drittel entfalle auf die Früh- die Last-Minute- und die „regulären“ Buchungen. Wobei letztere das schrumpfende Segment seien– klarerweise, sind sie doch die einzigen, die „reguläre“ Preise zahlen müssen.

Die Last-Minute-Klientel befindet sich im Wandel. Längst trifft das Image der Schnäppchenjäger nicht mehr auf alle Spätentschlossenen zu. Das liegt zum einen daran, dass Last-minute-Reisen nicht mehr so spottbillig sind wie noch vor einigen Jahren. „Die Zeiten, wo man bei uns für 299 Euro eine Reise buchen konnte, sind vorbei, genauso wie Preisnachlässe bis zu 70 Prozent“, sagt Patrick Gassner, Vertriebsleiter der Restplatzbörse.

Das liege unter anderem daran, dass die Reiseveranstalter ihre Auslastungen genauer kalkulieren und deshalb am Ende weniger Plätze frei bleiben würden. „Jetzt sind eben nicht mehr 100 Plätze im Flieger frei, sondern nur mehr 30“, sagt Gassner. Und die müssten dann eben auch nicht zu Schleuderpreisen verkauft werden, damit man sie alle noch losbringt. Gassner hält das für eine gute Entwicklung: „Einige Kunden sind deshalb zwar vergrämt. Aber es ist wichtig, dass die Leute ein halbwegs vernünftiges Preisgefühl behalten.“

Enttäuschte Schnäppchenjäger

Zwischen zehn und 30 Prozent Preisnachlass bei Last-Minute-Angeboten sei heute realistisch, sagt Thomas-Cook-Chef Afokatudis. In Einzelfällen noch bis zu 50 Prozent, meint Gassner. Während der eine oder andere Schnäppchenjäger also vielleicht enttäuscht wird und doch nicht bucht, wächst die Gruppe der Kunden im Last-Minute-Segment, für die der Preis eine untergeordnete Rolle spielt. „Das sind Leute ohne Kinder, die aus beruflichen oder sonstigen Gründen lieber kurzfristig buchen, besonders bei Kurzurlauben“, sagt Afokatudis. Entsprechend erweitert hat sich das Angebot. Auf der Restplatzbörse etwa werden mittlerweile unter der Kategorie „Last Minute“ auch Luxusreisen in Fünfsternresorts auf den Malediven um 2600 Euro die Woche angeboten. Die günstigen Angebote– meist in Spanien, Ägypten oder der Türkei– bewegen sich zwischen 400 und 500 Euro.

Das Ende von Last-Minute ist also keineswegs in Sicht. Auch wenn die Reiseveranstalter nicht ganz so großzügig kalkulieren wie früher, sind die Spätentschlossenen nach wie vor Teil ihrer Planung. „Eine gewisse Überkapazität wird man immer einplanen“, sagt Afokatudis. Wer einen Platz an der Sonne sucht, wird ihn auch finden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.09.2014)

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