AUA könnte zum Billigflieger werden

(c) APA/HERBERT PFARRHOFER
  • Drucken

Ohne neuen Bord-Kollektivvertrag muss Airline-Chef Jaan Albrecht nach Rationalisierungsalternativen suchen, die rund 200 Mio. Euro bringen. Eine Möglichkeit wäre, die AUA zum Teil der Billigstrategie der Lufthansa zu machen.

Wien. Die Gesprächspartner geben sich die Klinke in die Hand und erneut glühen die Rechenstifte: In einer Woche, am 11. September, geht es gleich in mehrfacher Hinsicht um die Zukunft der AUA. Der Aufsichtsrat kürt den Nachfolger des vorzeitigen ausscheidenden Vertriebsvorstands Karsten Benz, der wieder aus dem Lufthansa-Konzern kommen wird. Spannender ist jedoch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) über die Klage von Bordbetriebsrat und Gewerkschaft gegen die vor zwei Jahren von AUA-Boss Jaan Albrecht durchgezogene Aufkündigung des Bord-Kollektivvertrags und Übertragung des Flugbetriebs auf die Tochter Tyrolean. Wenn die Höchstrichter dem Spruch des Generalanwalts vom 13. Juni folgen und befinden, dass der alte, teure Bord-KV weiter gilt bis es einen neuen gibt – was erwartet wird – droht das gesamte Sparpaket im Volumen von mehr als 200 Mio. Euro zu kippen.

Signal an den Aufsichtsrat

Es bleiben also nur wenige Tage, um dieses Schreckensszenario mit einem neuen Bord-KV abzuwenden. Was internen Informationen zufolge äußerst schwierig ist, da sich die Fronten zuletzt wieder verhärtet haben. Der Knackpunkt ist nach wie vor die Überführung der bisherigen Leistungs- in von der Fluglinie gewünschte Beitragspensionen gegen Abschlagszahlungen für die Piloten.

Nach monatelangen ergebnislosen Verhandlungen hat Albrecht die Gespräche im Mai abgebrochen. Seither wird zwar geredet – dass dies offizielle KV-Verhandlungen sind, stellt man im Betriebsrat jedoch in Abrede. Der Druck auf das AUA-Management ist groß: Wichtig wäre, sich zumindest auf Eckpunkte zu einigen, die Albrecht dem Lufthansa-dominierten Aufsichtsrat am 11. September vorlegen kann. Beide Seiten geben sich wortkarg. Bordbetriebsratschef Karl Minhard wollte dazu „keinen Kommentar“ abgeben. AUA-Sprecher Peter Thier bestätigte der „Presse“ Gespräche, mehr wollte er aber nicht sagen.

Über einen „Plan B“ wollte Albrecht bisher nicht einmal spekulieren. Er hat mehrfach betont, dass die AUA vor der Einleitung des Sparprogramms vor dem Konkurs gestanden sei. Insidern zufolge bestünden mehrere Varianten, um das notwendige Sparpotenzial zu heben. Das wären etwa individuelle Änderungskündigungen für die einzelnen Piloten, mit denen der alte Bord-KV ausgehebelt werden könnte.

Zum anderen könnte sich die Fluglinie von der veralteten Fokker- und Boeing- 767-Flotte trennen und die infolge ohne Beschäftigung dastehende Crew von rund 300 Piloten und Flugbegleitern kündigen. In diesem Fall würde von der AUA nur eine sehr abgespeckte Version übrig bleiben. Der Austausch der 21 Fokker-Regionalflugzeuge ist ohnedies geplant – die dafür und für zwei weitere Langstreckenjets notwendige Milliarde wurde von der Lufthansa aber nur in Aussicht gestellt, wenn es Rechtssicherheit in Form des neuen KV gibt.

Die dritte Möglichkeit ist „Austrian Wings“: Die AUA könnte Teil der Billigstrategie der Lufthansa unter der Marke „Wings“ werden. Wie berichtet, plant Konzernchef Carsten Spohr mit dem deutsch-türkischen Ferienflieger Sunexpress günstige Langstreckenflüge. Geflogen werden soll mit Boeing 767 – die besitzt im Konzern nur die AUA. Und Sunexpress-Chef Paul Schwaiger sitzt auch im AUA-Aufsichtsrat.

Bevor Albrecht ans Eingemachte geht, dürfte er allerdings noch den Spruch des Obersten Gerichtshofs (OGH) abwarten, der ja den EuGH eingeschaltet hat. Der dürfte dem EuGH beim Thema Bord-KV folgen. AUA-Juristen zufolge würde dies allerdings auch bedeuten, dass der (von der Gewerkschaft gekündigte) Tyrolean-KV nachwirkt. Von diesem ist zwar nur ein Teil der Belegschaft betroffen. Dafür ist dieser KV für die Airline noch günstiger als der nun angestrebte neue KV für alle.

Krisen rütteln an Gewinnziel

Albrecht steht aber nicht nur wegen des ausstehenden Bord-KV unter Druck. Keine andere Airline im Lufthansa-Verbund ist von den politischen Krisen (Ukraine, Irak, Gaza) so sehr betroffen wie die AUA als Spezialist für Osteuropa sowie den Nahen und Mittleren Osten. Die gestrichenen Flüge (Bagdad, Tripolis, Damaskus, teilweise Tel Aviv und Erbil sowie Dnipropetrowsk und Charkow) bedeuten auch, dass es weniger Umsteiger gibt.

Die AUA hat im ersten Halbjahr – inklusive Rückstellungen für den Rechtsstreit – 44 Mio. Euro operativen Verlust gemacht. Um das – ohnedies nach unten revidierte – Gewinnziel von 25 Mio. Euro im Gesamtjahr zu erreichen, müsste die AUA in dem in der Luftfahrt traditionell besten dritten Quartal rund 60 Mio. Euro Betriebsgewinn schreiben und auch im vierten Quartal positiv abschneiden. Ein extrem schwieriges Unterfangen, auch wenn die aufgestockten Nordamerika-Flüge sehr gut laufen. „Das Ziel ist ambitioniert, aber es hat sich nicht geändert“, sagt Airline-Sprecher Thier.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.09.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

AUA-AUSTRIAN AIRLINES AG/VORSTAND: AUA-CCO KARSTEN BENZ
Österreich

AUA-Vorstand Karsten Benz kehrt zur Lufthansa zurück

Benz wird bei der AUA-Mutter ab 1. Oktober für Kontakte mit Flughäfen zuständig sein. Ein Nachfolger wurde noch nicht bestimmt.
Österreich

AUA leidet unter Krise in Nahost

Die Passagierzahlen sanken im Juli um 0,5 Prozent.
Passengers wait at a check-in counter of Austrian airline AUA at Vienna airport
Österreich

AUA: Betriebsversammlungen am Mittwoch

Nach dem EuGH-Urteil ist der Druck auf die Airline gestiegen, mit den Piloten und Flugbegleitern außergerichtlich einig zu werden.
The logo of Austrian Airlines (AUA) is pictured through raindrops on a window at its headquarters in Schwechat
Österreich

EuGH-Urteil bedroht Existenz der AUA

Da der Europäische Gerichtshof die Rechte von Piloten und Flugbegleitern stärkt, drohen der nicht sanierten Fluglinie millionenschwere Nachzahlungen. Ein neuer Kollektivvertrag wäre die Lösung.
Österreich

AUA: EuGH entscheidet gegen neuen Kollektivvertrag

Der EuGH hat entschieden, dass der alte, aufgekündigte Kollektivvertrag nachwirkt. Damit sind die von der AUA budgetierten Einsparungen hinfällig.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.