Milliardenspritze für EU-Wirtschaft?

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Ein Milliarden-Investitionsprogramm soll die Wirtschaft wieder ankurbeln, so die EU-Finanzminister. Woher das Geld kommt, ist aber unklar. Denn die Verschuldung soll im Zaum bleiben.

Wien. Das Ergebnis des informellen Treffens der EU-Finanzminister am Wochenende offenbarte das, was man den klassischen Zielkonflikt eines obersten Geldeintreibers nennen könnte: Ja, sie sehen es auch als notwendig an, dass die europäische Wirtschaft durch ein milliardenschweres Investitionsprogramm aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt wird, erklärten die Finanzminister nach ihrer zweitägigen Zusammenkunft. Und: Nein, die Verschuldung der Staaten dürfe dadurch nicht wieder nach oben schnellen. Der in der Krise eingeleitete Sparkurs solle weitergehen.

Offen bleibt somit auch weiterhin die Frage: Woher soll das Geld für die Investitionen kommen? Die Finanzminister hatten hierfür noch keine Antwort parat. Daher wurde als erstes eine Taskforce eingerichtet, die bis Dezember eine Prioritätenliste für Investitionsprogramme erstellen soll, von denen erwartet wird, dass sie ein langfristiges Wirtschaftswachstum unterstützen würden. Eine konkreter Zeitplan, bis wann diese Projekte dann auch umgesetzt werden sollten, wurde jedoch nicht beschlossen, so der Ratsvorsitzende Pier Carlo Padoan (italienischer Finanzminister). Allerdings erhöhe es natürlich die Glaubwürdigkeit der Union, wenn dies eher schneller als langsamer erfolge.

Verschiedene Ideen

Zuvor muss jedoch erst einmal über die Finanzierung entschieden werden – ein Thema, das auf dem nächsten Treffen im Oktober in Luxemburg auf jeden Fall wieder ganz oben auf der Agenda stehen dürfte. Vier verschiedene Ideen wurden dazu auch am Wochenende bereits diskutiert. So machten Frankreich und Deutschland einen Vorschlag, laut dem etwa private Investitionen in öffentliche Infrastruktur erleichtert werden sollten. Konkret sollen Infrastrukturprojekte über sogenannte Projektbonds finanziert werden – das Geld soll also vorerst von privaten Investoren wie etwa Pensionsfonds stammen, um die öffentlichen Haushalte zu entlasten. Italien wiederum stellte ein Papier vor, in dem neue Finanzierungsmethoden für Unternehmen präsentiert wurden. Diese sollen die Kreditklemme und den damit einhergehenden drastischen Rückgang der privaten Investitionen in Südeuropa beenden.

Darüber hinaus wurde die bereits in der Vorwoche ventilierte polnische Idee für einen Investitionsfonds besprochen. Wie berichtet sieht der Vorschlag des polnischen Finanzministers Mateusz Szcuzurek die Schaffung eines 700 Mrd. Euro schweren Fonds vor, der – analog zum europäischen Rettungsschirm ESM – von Beiträgen der EU-Mitgliedsländer gespeist werden soll. Und zu guter Letzt besprachen die Finanzminister auch das 300-Milliarden-Euro-Investitionsprogramm des neuen Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker, das dieser in den kommenden drei Jahren umsetzen will. Details dazu wird Juncker selbst aber erst im Jänner präsentieren.

Grund für die plötzliche Priorisierung von öffentlichen und privaten Investitionen ist das schwache Wachstum der EU und vor allem der Eurozone. So soll die Konjunktur im dritten Quartal laut Prognosen der EZB zwar wieder zulegen. Im Gesamtjahr werde das Wachstum jedoch unter der Schwelle von einem Prozent bleiben. Und deshalb wird auch die Arbeitslosigkeit in Europa weiterhin ein großes Problem sein.

Kreditklemme im Süden

Gewichtiger Grund für das schwache Wachstum ist das dauerhafte Schrumpfen von Investitionen. Diese gingen seit dem Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 um 20 Prozent zurück. Verantwortlich dafür ist nicht zuletzt die Zurückhaltung der Banken bei der Vergabe von Krediten an kleinere und mittlere Unternehmen – die wiederum großteils von Bankkrediten abhängig sind. Vor allem in Südeuropa ist dies ein großes Problem: So ging in Italien das Volumen der an Firmen vergebenen Kredite seit Mitte 2011 um mehr als 70 Mrd. Euro zurück. Und in Frankreich oder Spanien ist die Situation ähnlich. (jaz/Reuters)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.09.2014)

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