Steuerparadies: Ende des steuerschonenden Double Irish?

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The Apple logo is lit on the first day of sale for the iPhone 6 and iPhone 6 Plus, in Sydney(c) REUTERS (DAVID GRAY)
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Die EU-Kommission prüft das Steuersparmodell von Apple und Fiat in Irland, es geht um viele Milliarden Euro. Auf der Insel häufen sich die Anzeichen, dass die Steuergeschenke möglicherweise bald generell abgeschafft werden.

Dublin/Wien. Der Trick nennt sich „Double Irish with a Dutch Sandwich“ und funktioniert ungefähr so: Eine Firma gründet zwei Töchter in Irland, die eine verwaltet Lizenzgebühren, der anderen gehören die Lizenzen. Da Irland mit den Niederlanden ein Abkommen hat, das Lizenzgebühren von Steuern ausnimmt, gehen die Gebühren für die Lizenzen an die Niederlande, von dort zurück nach Irland und dann auf die Bermudas – und am Ende fallen fast keine Steuern an.

Unter anderem bedient sich Starbucks dieses Tricks. Die US-Mutter verlangt von ihren Ablegern hohe Lizenzgebühren, deshalb schafft es die Kaffeehauskette in Deutschland seit 2005 nicht, offiziell auch nur einen Cent Gewinn zu machen – trotz eines Umsatzes von weit mehr als 100 Millionen Euro. Apple macht zwar Gewinn, außerhalb der USA 28,7 Milliarden Euro (2012), bezahlte dafür aber dank des Irish mit Sandwich nur 556 Millionen Euro Steuern (knappe zwei Prozent). Und auch Google, Microsoft, Fiat und viele andere Unternehmen haben die steuerschonenden Vorteile des irischen Finanzgesetzes für sich entdeckt.

Doch damit könnte es bald vorbei sein. Nach heftigen öffentlichen Diskussionen, Druck des US-Kongresses und Kritik in einem OECD-Bericht häufen sich die Anzeichen, dass sich Irland von dem System bald verabschieden wird. „Die Bedenken könnten bei der Budgetdebatte am 14. Oktober angesprochen werden“, zitierte die Tageszeitung „Irish Examiner“ am Montag den irischen Arbeitsminister, Richard Bruton. Man müsse sich den Steuerbericht der OECD anschauen „und prüfen, welche Änderungen wir zu diesem Zeitpunkt machen könnten“.

Die OECD hat in dem Report von vergangener Woche umfassende Änderungen im Steuersystem vorgeschlagen, um damit Steuermodelle, wie sie Starbucks oder Apple aufgezogen haben, zu verhindern. Zudem soll Irland seine Steuergesetze anpassen.

Das Land bietet Firmen beispielsweise einen Steuersatz von lediglich 12,5 Prozent, der vergleichbare Satz in den USA liegt bei 35 Prozent. Es würde „sinnvoll sein“, Änderungen im Zug des neuen Budgets zu realisieren, fordert Pascal Saint-Amans, Leiter der OECD-Steuerabteilung.

Auf der Insel scheint all das zu einem Umdenkprozess geführt haben. „Firmen haben sich Unterschiede zwischen unseren Steuergesetzen und denen anderer Länder zunutze gemacht“, meinte Bruton. „Wir werden uns (bei den Steuergesetzen, Anm.) mit anderen Ländern verständigen, weil dieses Problem alle Länder trifft.“

Vom irischen Finanzminister, Michael Noonan, gab es bisher keine Stellungnahme. Bruton machte aber deutlich, dass viele Schlupflöcher geschlossen würden und man grundsätzlich zu Änderungen bei den Steuergesetzen entschlossen sei.

Ermittlungen gegen Apple

Die EU geht jetzt von sich aus gegen die irischen Steuergesetze vor und prüft unter anderem die Konstruktion des iPhone-Herstellers Apple und des Autokonzerns Fiat. Die „Financial Times“ berichtete am Montag, dass die EU-Kommission das Steuersparmodell Apples als illegale Staatshilfe einstufe. Angeblich dreht sich das Verfahren um Steuerentscheidungen Irlands, wodurch dem Konzern eine Vorzugsbehandlung gegenüber anderen Firmen gewährt worden sei. Ein Sprecher von EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia wollte sich dazu nicht äußern. Erst heute, Dienstag, will Brüssel Details bekannt geben.

Der Konzern müsse fürchten, bei einem Verstoß gegen die EU-Wettbewerbsregeln Milliarden Euro an gesparten Steuern zurückzahlen zu müssen, meinen Rechtsexperten.

Andere Experten halten das freilich für sehr unwahrscheinlich. Sie erwarten nur eine Mahnung an die Adresse Irlands, die laxe Besteuerung multinationaler Konzerne zu ändern. Einer solchen Mahnung könnte das Land in zwei Wochen zuvorkommen. (red./ag.)

AUF EINEN BLICK

Irland überlegt offenbar eine Änderung seiner umstrittenen Steuergesetze. Sie ermöglichen internationalen Konzernen, durch ein Firmengeflecht („Double Irish with a Dutch Sandwich“) die Zahlung von Steuern in Europa gering zu halten oder gar völlig zu vermeiden. Große Konzerne wie Apple, Google, Starbucks, Fiat und Microsoft nützen die irischen Gesetze für ihre Auslandsgeschäfte. Apple musste deshalb im Jahr 2012 bei einem Gewinn außerhalb der USA von 28,7 Milliarden Euro lediglich 556 Millionen Euro Steuern bezahlen – knappe zwei Prozent. Die Apple-Konstruktion nimmt die EU jetzt zum Anlass für Ermittlungen gegen den Konzern und gegen Irland. Obwohl Details zum Verfahren erst heute, Dienstag, bekannt gegeben werden, soll es um den Verdacht einer Vorzugsbehandlung gegenüber anderen Firmen durch Entscheidungen der Steuerbehörden gehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.09.2014)

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