AIG-Rettung vor Gericht: Handelte US-Regierung illegal?

Symbolbild: American International Group
Symbolbild: American International Group REUTERS
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Die American International Group wurde kurz nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers verstaatlicht - angeblich, um "die Welt vor AIG zu retten".

Sechs Jahre nach dem Höhepunkt der US-Finanzkrise hat am Montag in New York der Prozess um die Rettung des Versicherungskonzerns American International Group (AIG) begonnen. In den kommenden eineinhalb Monaten geht es unter anderem um die Frage, ob die US-Regierung mit ihrer Aktion gegen das Recht verstieß und Aktionären Schadenersatz zahlen muss.

Zum Prozessbeginn erneuerten die Anwälte des früheren AIG-Chefs Maurice Greenberg ihre Kritik. Die Notenbank von New York habe nicht nur überhöhte Zinsen für ein Darlehen über 85 Milliarden Dollar verlangt, sagte der Staranwalt David Boies. Sie habe auch fast 80 Prozent der Unternehmensanteile verlangt.

AIG wurde kurz nach dem Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers verstaatlicht. Die US-Regierung befürchtete damals, dass eine Pleite des Versicherungsunternehmens das globale Finanzsystem in Gefahr gebracht hätte. "Das Ziel war nicht, AIG zu retten, sondern die Welt vor AIG zu retten", sagte der Vertreter der Regierung, Kenneth Dintzer, am Montag vor Gericht.

Der heute 89-jährige Greenberg, der bis 2005 an der Spitze des Unternehmens stand, war damals über seine Firma Starr International der größte AIG-Einzelaktionär. Er wirft der Regierung schon länger vor, mit der Rettungsaktion eigentlich Wall-Street-Banken wie Goldman Sachs geholfen zu haben. Denn die Institute hatten bei AIG Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps) im Wert von Hunderten Milliarden Dollar abgeschlossen, von denen viele fällig waren. Bei einer AIG-Pleite wären sie auf Forderungen sitzengeblieben. Auch ausländische Institute profitierten davon, dass der Konzern nicht unterging. So bekam die Deutsche Bank dank der US-Steuerzahler fast zwölf Milliarden Dollar.

Zwei Fragen

Bei der jetzigen Verhandlung stellen sich zwei wichtige Fragen. Zunächst geht es darum, ob sich die Regierung AIG-Aktien im Wert von 35 Milliarden Dollar aneignen durfte, obwohl sie dafür nur 500.000 Dollar zahlte. Denn nach der US-Verfassung ist Privateigentum vor dem Zugriff der öffentlichen Hand geschützt, sofern es keine faire Entschädigung gibt.

Die zweite Frage ist, ob die Regierung ihren Kredit über 85 Milliarden Dollar an die Bedingung knüpfen durfte, Anteilseigner zu werden. Greenbergs Anwälte argumentieren, dass dies nach dem Gesetz über die US-Notenbank verboten sei. Boies sagte, die Citigroup etwa habe niedrigere Zinsen bezahlt und keine Firmenanteile als Sicherheit abgeben müssen, obwohl die Regierung dem Institut später Betrug bei Hypothekengeschäften vorgeworfen habe.

Im Fall AIG vor dem U.S. Court of Federal Claims geht es um Schadenersatz in Höhe von 50 Milliarden Dollar. Für den Steuerzahler indes lohnte sich das Geschäft: Als das Unternehmen im Dezember 2012 die letzten Staatshilfen zurückzahlte, hatte der US-Fiskus einen Gewinn von 23 Milliarden Dollar gemacht.

(APA/Reuters)

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