Großbanken im Behördenvisier

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Der Deutschen Bank laufen Händler davon, weil sie bei „unsozialem“ Verhalten Boni streichen will. Die US-Justiz stellt mindestens 25 Schweizer Topbankern nach.

Frankfurt/Zürich/AG. Die Deutsche Bank will unsoziales Verhalten ihrer Händler nicht länger tolerieren– und schlägt diese damit reihenweise in die Flucht. Nach einem Bericht der „Financial Times“ ist jedenfalls eine Reihe von Händlern wegen der drohenden Streichung von Boni und anderen Sondervergütungen dabei, die Bank zu verlassen und in weniger strikten Bereichen wie etwa Hedgefonds ihr Glück zu versuchen. Das Geldinstitut will solche Sonderzahlungen künftig unter anderem streichen, wenn Mitarbeiter „für Unruhe sorgen“ oder nicht teamfähig seien. Boni sind ein wesentlicher Gehaltsbestandteil gut bezahlter Banker.

Die Bank macht das nicht ohne Grund: „Deutschbanker“ haben sich in den vergangenen Jahren einen sehr zweifelhaften Ruf erarbeitet, die größte Deutsche Bank ist deshalb in zahlreiche Rechtsstreitigkeiten verwickelt. Unter anderem war das Bankhaus an der Manipulationsaffäre um die Referenzzinsen Libor und Euribor beteiligt.

Das Fehlverhalten ihrer Mitarbeiter wird die Bank teuer zu stehen kommen: Nach Angaben des deutschen Magazins „Der Spiegel“ könnten die Rückstellungen und Eventualverbindlichkeiten für alle Affären von 5,7 auf sieben Mrd. Euro anwachsen. Die hohen Rückstellungen wirken gewinnmindernd.

Offenbar ist die Deutsche Bank nicht das einzige in Großskandale verwickelte internationale Geldhaus, das unbotmäßigen Mitarbeitern die Boni streichen will. Laut „Financial Times“ soll es solche Überlegungen auch bei der britischen Barclays-Bank geben. Dort wird das Bonussystem als wesentlicher Auslöser für die Zinsmanipulationen durch Mitarbeiter der Bank angesehen.

Zusätzliche Risken drohen den europäischen Großbanken übrigens vom neuerdings äußerst strikten Vorgehen der US-Behörden. Sie wollen nicht nur hohe Geldstrafen verhängen, sondern verlangen auch noch dezidierte Schuldeingeständnisse.

Die größten Probleme mit den US-Behörden haben freilich die Schweizer Banken, denen vorgeworfen wird, betuchten US-Bürgern beim Steuerhinterziehen geholfen zu haben. Insgesamt seien mindestens 25 Schweizer Topbanker ins Visier der amerikanischen Behörden geraten, heißt es. Wahrscheinlich sind es noch wesentlich mehr.

Namentlich bekannt sind bisher nur wenige. Etwa Bradley Birkenfeld, ehemaliger Mitarbeiter der Großbank UBS. Er hat mit seinem 2008 erfolgten Schuldeingeständnis, einem US-Unternehmer beim Steuerhinterziehen geholfen zu haben, den Steuerstreit zwischen der Schweiz und den USA ins Rollen gebracht. Der UBS brachte das eine 780-Mio.-Dollar-Strafe ein, Birkenfeld selbst erhielt für seine Kooperation von der US-Steuerbehörde 104 Mio. Dollar Belohnung. Neben Birkenfeld sind mindestens drei andere Ex-UBS-Banker verurteilt worden.

Schweizer geben Namen preis

Auch in anderen Ländern sind Schweizer Banker in jüngster Zeit angeklagt worden. Kürzlich wurde das Verfahren der belgischen Justiz gegen den Chef der dortigen UBS-Niederlassung bekannt. Ihm wird vorgeworfen, in einen mutmaßlichen Steuerbetrug über mehrere Milliarden Euro verwickelt zu sein.

Insgesamt haben die Schweizer Banken weit über tausend Namen von Mitarbeitern an die US-Behörden geliefert. Allerdings gehe es bei diesen Namenlieferungen aus Sicht der US-Behörden darum, Informationen über amerikanische Steuersünder zu bekommen, und nicht darum, die Banker anzuklagen. Die US-Behörden dürften Interesse daran haben, Schwarzgeld zu finden– und nicht eine Flut von Strafprozessen zu führen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.10.2014)

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