Rabattschlacht um das "schwarze Gold"

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Wer den Ölpreis shortet, steht wahrscheinlich auf der sicheren Seite: Die Preise fallen und fallen und könnten erst in der Gegend von 70 Dollar pro Barrel zum Stehen kommen.

An den Märkten geht es derzeit drunter und drüber, aber eine sichere Bank gibt es: Wer auf einen weiter fallenden Rohölpreis spekuliert (etwa mit Zertifikaten, Optionsscheinen oder CFDs) wird ziemlich sicher Gewinne einfahren. Und das, obwohl die Notierungen von der Spitze bereits um mehr als ein Viertel eingebrochen sind und die Verwicklung zahlreicher ölproduzierender Länder in geopolitische Krisen (Russland, Irak, Nigeria, um nur drei zu nennen) eigentlich für explosionsartige Ölpreissteigerungen sorgen sollte.

Gründe dafür gibt es einige, beispielsweise die matte Konjunktur, die die globale Nachfrage nach Energierohstoffen stark hat sinken lassen. Der wichtigste aber heißt Fracking: Die USA sind mit dieser umwelttechnisch eher umstrittenen Methode unterdessen wahrscheinlich zum weltgrößten Produzenten geworden. Ihre Tagesförderung soll bereits bei zwölf Mio. Barrel liegen, womit sie bisherige Weltmarktdominatoren wie Russland und Saudiarabien klar hinter sich lassen. Die Amerikaner konsumieren ihr so gewonnenes Rohöl zwar überwiegend selbst, aber der weltgrößte Rohölverbraucher fällt damit als Nachfrager auf dem Weltmarkt immer stärker aus. Und sorgt dort für ein beträchtliches preissenkendes Überangebot.

Mit einem aus amerikanischer Sicht noch dazu angenehmen Nebeneffekt: Die Ölschwemme setzt Russland, das fast die Hälfte seines Budgets aus Ölexporteinnahmen speist, schwer unter Druck.

Die Russen haben ihren Budgetplanungen einen Rohölpreis von über 100 Dollar pro Barrel (159 Liter) zugrunde gelegt. Am Freitag kostete Rohöl nach einer leichten Preiserholung aber nur etwas mehr als 86 Dollar, in den vorangegangenen Tagen waren auch schon Notierungen in der 83-Dollar-Region zu sehen gewesen.

Aber es kommt noch dicker: Analysten glauben, dass die Preise in nächster Zeit noch um gut zehn Dollar absacken könnten. Der russische Energiekonzern Gazprom hat am Freitag angedeutet, dass man in Moskau für das kommende Jahr einen Ölpreis von 70 Dollar je Barrel für nicht unrealistisch hält. Und zwar nicht nur für ein paar Tage, sondern über Monate.

Jahrelang dürfte das zwar nicht durchzuhalten sein, denn bei 70 Dollar dürfte es kostenmäßig für Fracking eng werden. Aber die gewohnten Ölpreise von 100 Dollar und mehr sind unterdessen ziemlich weit aus dem Gesichtskreis gerückt. Die schiere Wucht der US-Produktionssteigerung macht nämlich die bisher übliche Regulierung durch Förderkürzungen Saudiarabiens unwirksam.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.10.2014)

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