Roche zahlt 44 Milliarden Dollar für Genentech

(c) AP (Steffen Schmidt)
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Der schwache Dollar sorgt für Übernahme-Fieber in den USA. Das ist der dritte große Übernahmeversuch in der Biotechbranche allein in diesem Monat.

Basel (Reuters). Der niedrige Dollarkurs macht nicht amerikanische Braukonzerne wie Anheuser-Busch zum Schnäppchen für europäische Konzerne: Auch in der Pharma- und Chemieindustrie wächst die transatlantische Kauflust. Der Schweizer Pharma-Konzern Roche will nun seine Tochter Genentech zur Gänze übernehmen. Für die restlichen 44 Prozent des US-Biotechnologieunternehmens bieten die Schweizer 89 Dollar je Aktie – insgesamt knapp 44 Mrd. Dollar (27,8 Mrd. Euro).

Das ist der dritte große Übernahmeversuch in der Biotechbranche allein in diesem Monat, nachdem Roches Rivale Novartis den Kauf des US-Unternehmens Speedel und der britische Pharmakonzern GlaxoSmithKline eine milliardenschwere Partnerschaft mit der Schweizer Actelion angekündigt hatten.

Von dem bisher größten Zukauf verspricht sich Roche Wettbewerbsvorteile in den USA, dem wichtigsten Gesundheitsmarkt der Welt. „Es ist entscheidend für die gesamte Gruppe, eine stärkere und schlagkräftigere Marktpräsenz zu haben, wenn wir angesichts der wachsenden Herausforderungen und des Preisdrucks unsere Position nicht nur halten sondern ausbauen wollen“, sagte Roche-Verwaltungsratspräsident Franz Humer. Die Genentech-Übernahme soll bis zu 850 Mio. Dollar Synergien pro Jahr bringen.

44 Mrd. Dollar reichen nicht

Nach Ansicht von Analysten sichert sich Roche die volle Kontrolle über die für den Konzern so wichtigen Krebsmedikamente wie etwa Avastin oder Herceptin, die alle aus der Genentech-Forschung kommen, sowie vor allem eine attraktive Forschungs-Pipeline. Das ist für Branchengrößen besonders wichtig, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können.

Fraglich ist für manche Experten allerdings, ob der gebotene Preis reicht. Die 89 Dollar je Aktie liegen neun Prozent über dem Genentech-Schlusskurs vom Freitag. „Wir würden erwarten, dass Roche ein deutlich höheres Angebot machen muss, wenn es Genentech übernehmen will“, schreiben etwa die Analysten von Cazenove. Nach Bekanntwerden des Angebots schnellten die Genentech-Aktien vorbörslich um 17 Prozent auf 95,50 Dollar in die Höhe. Roche-Genussscheine verloren hingegen rund drei Prozent.

Dies könnte allerdings auch mit dem leichten Gewinnrückgang im ersten Halbjahr zusammenhängen, den Roche am Montag bekannt gab. Der Konzern verdiente 5,732 Mrd. Franken (3,54 Mrd. Euro), um zwei Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Maßgeblich dafür war der bereits erwartete Umsatzeinbruch um 71 Prozent beim (Vogel)-Grippemittel Tamiflu, weil die Verkäufe an Regierungen ausblieben. Der Konzernumsatz ging deshalb um vier Prozent auf 22,004 Mrd. Franken zurück.

Auf einen Blick

Der Pharmakonzern Rochebietet für die ausständigen Anteile am US-Biotech-Unternehmen Genentech knapp 44 Mrd. Dollar. Die Schweizer, die sich mit der Komplett-Übernahme eine Stärkung ihrer Wettbewerbsposition in den USA erhoffen, nützen den niedrigen Dollarkurs.

Genentech hat zwei wichtige Krebsmedikamente in der Produktpalette.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.07.2008)

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