Verkehr: Air France landet auf der Schiene

(c) AP (Jacques Brinon)
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Die Flug-Gesellschaft macht der Bahn beim TGV Konkurrenz. Die Staatsbahn hatte die Gefahr kommen sehen und der Air France eine Zusammenarbeit angeboten.

Paris. Ab 2010 bereits sollen aus Frankreich private Hochgeschwindigkeitszüge auf dem bestehenden Schienennetz nach London oder Amsterdam rollen. Das ist zumindest die Absicht beiden Unternehmen Air France und Veolia, die nun ein gemeinsames Transportunternehmen gründen.

Die französische Luftfahrtgesellschaft ist gewillt, die Konkurrenz auf dem Boden mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Seit Jahren schon verliert das Flugzeug in Frankreich auf kurzen Strecken von weniger als tausend Kilometern Kunden an die Eisenbahn, die als Transportmittel von Stadtzentrum zu Stadtzentrum nicht nur komfortabler und oft preisgünstiger, sondern dank Hochgeschwindigkeitstechnik auch fast so schnell ist wie das Flugzeug.

In Frankreich mussten Air France und andere Gesellschaften auf diversen Inlandverbindungen bereits kapitulieren, auf anderen Destinationen wie beispielsweise die Strecke Paris-Straßburg, wo die Konkurrenz mit den TGV-Zügen der staatlichen Bahngesellschaft SNCF sehr direkt ist, geht die Frequenz rapide zurück.

Dass Luftfahrtunternehmen schließlich auf der Schiene landen, ist eine logische Folge der Krise des Binnenflugverkehrs. Dank der Öffnung des europäischen Schienenmarktes hindert die nationale Fluggesellschaft Air France nichts mehr daran, eigene Züge verkehren zu lassen. Das Projekt existierte schon eine Weile, gedacht wurde zunächst vor allem an kürzere Strecken zwischen Flugplätzen, die mit öffentlichem Verkehrsmitteln schlecht erreichbar waren.

Wie ein Paukenschlag wirkte nun die Ankündigung, dass Air France zusammen mit dem privaten Transport- und Umweltkonzern Veolia bereits ab 2010 eigene Hochgeschwindigkeitszüge nach London und Amsterdam einsetzen will. Die Marktöffnung bedeutet nämlich auch, dass das Schienennetz, das in Frankreich einer separaten staatlichen Gesellschaft, Réseau Ferré de France (RFF), gehört, nicht das Monopol der SNCF sein darf. RFF verfügt derzeit über knapp 30.000 kommerziell nutzbare Schienenkilometer, davon sind 1880 Kilometer für den Hochgeschwindigkeitsverkehr geeignet.

Verträge mit Eurotunnel

Ebenso steht es einem privaten Konkurrenten frei, Verträge mit Eurotunnel für die Benützung des unterirdischen Transportwegs unter dem Ärmelkanal auszuhandeln. Im direkten Interesse von Air France-KLM ist es, via Schiene alternative Verbindungen zu den großen Flugplätzen in der Region London oder Amsterdam-Schiphol anzubieten. Die Versuchung wird aber groß sein, mit einer aggressiven Tarifpolitik auch auf anderen Linien und mit Zwischenhalts im Inlandverkehr der SNCF, die ihrerseits als „Service public“ an Auflagen aus einem Pflichtenheft gebunden ist, Kunden abzuwerben.

Die Staatsbahn hatte die Gefahr kommen sehen und der Air France im Juli eine Zusammenarbeit angeboten. Zu spät: Die Fluggesellschaft zog es vor, selber einen Schienentransport-Partner zu wählen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.09.2008)

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