AUA-Chef Ötsch wegen Siemens unter Druck

Verdacht der Untreue und Steuerhinterziehung.

Nürnberg/wien (red./ag). AUA-Chef Alfred Ötsch wird mitten in der heißen Phase der AUA-Privatisierung von seiner Vergangenheit im Siemens-Konzern eingeholt: Am 24. September beginnt in der Siemens-Korruptionsaffäre die Hauptverhandlung. Es geht dabei um verdeckte Zahlungen des Konzerns an die umstrittene Betriebsräteorganisation AUB. Im Visier der Justiz sind der frühere AUB-Chef Wilhelm Schelsky und der ehemalige Siemens-Vorstand Johannes Feldmayer sowie indirekt auch AUA-Chef Alfred Ötsch, der früher bei Siemens Bereichsvorstand für die Sparte Automation und Antriebstechnik war.

Über sie sollen mit Hilfe angeblicher Beraterverträge hohe zweistellige Millionenbeträge an Schelsky geflossen sein. Im Detail soll Schelsky fast 34 Mio. Euro von Siemens erhalten haben, ohne dafür angemessene Gegenleistungen erbracht zu haben. Abgewickelt wurden die Zahlungen über den Bereich Automation und Antriebstechnik. Nach den Erkenntnissen der Nürnberger Staatsanwaltschaft, die Ötsch als Beschuldigten führt, soll der Ex-Siemens-Manager über den wahren Zweck der Zahlungen informiert gewesen sein und zwischen 2001 und 2005 gut zehn Mio. Euro zur Unterstützung der IG-Metall-Abwehrtruppe freigegeben haben.

Nach seinem Wechsel in die Konzernzentrale Ende 2001 hat Feldmayer laut Anklageschrift seinen Nachfolger Ötsch „im Rahmen der Amtsübergabe-Gespräche über die Hintergründe informiert“. Ötsch hatte bereits im März 2007, als die Vorwürfe gegen ihn erstmals erhoben worden waren, jeden Verdacht von sich gewiesen.

Ötsch verweist auf München

Auch jetzt lässt Ötsch mitteilen, dass er über die Hintergründe der Zahlungen, nämlich die verdeckte Unterstützung der AUB, nicht informiert war. Aufgrund seines Wissensstandes konnte er davon ausgehen, dass es sich um einen korrekten Vorgang handelt. Der Bereich Automation und Antriebstechnik war nur Rechnungsadresse, die Verantwortung lag ausschließlich in der Zentrale in München. Es seien auch nur geprüfte und anerkannte Rechnungen zur Zahlung angewiesen worden. „Herr Ötsch hat mit diesem Thema weder inhaltlich noch persönlich das Geringste zu tun,“ so die Stellungnahme der AUA.

Laut Oberstaatsanwalt Wolfgang Träg von der Nürnberger Staatsanwaltschaft besteht gegen Ötsch der Verdacht der Untreue zum Nachteil und der Steuerhinterziehung zu Gunsten von Siemens. Weitere Details wollte Träg unter Bezugnahme auf das deutsche Steuergeheimnis nicht nennen.

Der AUA-Chef hatte dem Vernehmen nach der Staatsanwaltschaft Nürnberg bereits bei Ausbruch der Affäre signalisiert, dass er zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen Stellung nehmen wolle. Zu einer Einvernahme des ehemaligen Siemens-Vorstandes und derzeitigen AUA-Chefs ist es aber bisher nicht gekommen. Wann Ötsch nun tatsächlich vernommen werden könnte, wollte Träg nicht sagen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.09.2008)

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