Insider: EZB will noch lockerere Geldpolitik fahren

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Die Notenbank bereitet Gerüchten zufolge den Aufkauf von Unternehmensanleihen vor. Erst am Montag hat sie mit dem Kauf von Pfandbriefen gestartet.

Die Gefahren für die Konjunktur im Euroraum sind nach Einschätzung der Europäischen Zentralbank (EZB) weiterhin immens, hieß es vor Kurzem im EZB-Monatsbericht.Nun soll die EZB im Kampf gegen die Konjunkturflaute Insidern zufolge eine noch stärkere Lockerung der Geldpolitik erwägen. Wie mehrere mit den Plänen vertraute Personen meinten, bereiten die Notenbanker um EZB-Präsident Mario Draghi hinter den Kulissen den Aufkauf von Unternehmensanleihen vor. Ein EZB-Sprecher dementierte dies umgehend.

"Der Druck in diese Richtung ist hoch", sagte hingegen ein Kenner der Debatten in der EZB-Spitze laut Reuters. Möglicherweise werde sich der EZB-Rat in seiner Sitzung Anfang Dezember offiziell damit beschäftigen. Eine Entscheidung zu diesem Zeitpunkt sei denkbar, aber nicht sicher. Ein Kauf von Firmenanleihen könnte dann wohl frühestens im ersten Quartal nächsten Jahres beginnen.

Mehr Geld in die Wirtschaft pumpen

Das Tempo der Notenbanker ist überraschend hoch. Sie haben zur Ankurbelung der Konjunktur und der unerwünscht niedrigen Teuerung erst in den vergangenen Monaten ein ganzes Bündel von Maßnahmen auf den Weg gebracht. Dazu zählen unter anderem milliardenschwere Geldspritzen für Banken und der massenhafte Aufkauf von Kreditverbriefungen und Pfandbriefen. Mit dem Kauf letztgenannter Papiere hatten sie erst am Montag begonnen.

"Nach Ansicht vieler im EZB-Rat hat sich aber das Konjunkturbild zuletzt ins Negative verschoben", sagte einer der Insider zu Reuters. Es wachse bei der Notenbank die Befürchtung, dass die bisher beschlossenen Maßnahmen nicht ausreichen könnten, um die Konjunktur anzuschieben. Der Aufkauf von Unternehmensanleihen wäre ein nächster Schritt, um mehr Geld in die Wirtschaft zu pumpen. Ein Sprecher der Zentralbank sagte, der EZB-Rat habe keine Entscheidung getroffen.

Aktienmärkte reagieren mit Gewinnen

Am Finanzmarkt sorgte die Neuigkeit für Druck auf den Euro und Kursgewinne am Aktienmarkt. Die Gemeinschaftswährung verbilligte sich um mehr als einen halben Cent auf bis zu 1,2758 Dollar. An der Frankfurter Börse ging es für den Leitindex Dax deutlich aufwärts.

Welche Unternehmensanleihen die EZB kaufen könnte, ist unklar. Beobachter gehen davon aus, dass sie aus politischen Gründen aus allen Euro-Ländern entsprechende Papiere erwerben müsste. Um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, einzelne Wirtschaftszweige oder in kleinen Branchen sogar einzelne Unternehmen zu protegieren, könnte die Notenbank Bonds entsprechend der Anteile der jeweiligen Branche an der Wirtschaftskraft des betreffenden Landes kaufen.

Die Bundesbank, die Wertpapierkäufen der EZB grundsätzlich eher kritisch gegenübersteht, wollte sich am Dienstag nicht äußern. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hatte zuletzt im Streit über den Kauf von Kreditverbriefungen darauf gedrungen, dass nur wirklich sichere Papiere gekauft werden. Der Kauf von Unternehmensanleihen ist als Mittel der Geldpolitik ist bisher nur selten genutzt worden. Durch einen solchen Schritt schafft die Notenbank auf den Konten der Banken, denen sie die Papiere abkauft, quasi per Federstrich neues Geld. Dabei hofft sie, dass dieses als Kredit in die Wirtschaft fließt, die Konjunktur anzieht und die Teuerung wieder steigt, die zuletzt bei lediglich 0,3 Prozent lag.

(APA/Reuters)

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