Lufthansa stößt teure IT-Sparte ab

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Die Systems-Tochter geht mit 1400 Mitarbeitern an IBM. Das soll 70 Mio. Euro bringen - der anhaltende Arbeitskampf mit den Piloten verursachte bisher schon 100 Mio. Euro Schaden.

Frankfurt/Wien. Lufthansa-Boss Carsten Spohr lanciert mitten im Arbeitskampf der Piloten eine weitere Möglichkeit, den AUA-Mutterkonzern profitabler zu machen. Die gesamte IT-Infrastruktur wird an den amerikanischen IBM-Konzern ausgelagert. Die Fluggesellschaft verspricht sich eine jährliche Kostensenkung von 70 Mio. Euro. Dem gegenüber stehe eine einmalige Belastung in diesem Jahr von etwa 240 Mio. Euro vor Steuern.

Analysten äußerten sich positiv: Der Einmalaufwand sei akzeptabel, urteilte Equinet-Analyst Jochen Rothenbacher. Der Einmalaufwand werde noch 2014 verbucht, jedoch nicht im operativen Ergebnis, das für die Jahresprognose maßgeblich sei, sagte Dirk Schlamp von der DZ Bank. Die Partnerschaft sei ein wichtiges Element in der Neuausrichtung der Konzern-IT.

1400 Mitarbeiter betroffen

An den endgültigen Vertragskonditionen werde zwar noch gefeilt, teilte die Lufthansa mit. Geplant sei aber, dass alle rund 1400 Beschäftigten der IT-Tochter Lufthansa Systems von IBM übernommen werden. Die Sparte betreibt unter anderem ein Rechenzentrum in Kelsterbach bei Frankfurt und ein Callcenter in Flensburg. Die Sparte soll in drei Teile aufgespalten, das Geschäftsfeld Infrastruktur im Rahmen des Outsourcings an IBM verkauft werden. Der Outsourcing-Vertrag soll sieben Jahre laufen. Die Sparten Airline Solutions und Industry Solutions würden künftig als eigenständige Unternehmen aufgestellt. Die Transaktion soll im ersten Quartal 2015 über die Bühne gehen. Die Lufthansa hatte bereits vor Monaten erklärt, sie wolle die hohen Investitionen bei ihrer IT-Tochter nicht allein schultern.

Die jüngsten Sparpläne verhalfen der Lufthansa-Aktie zu Handelsbeginn zu einem Kursplus von bis zu drei Prozent. Im Tagesverlauf verpuffte jedoch dieser Effekt wieder, und das Papier drehte ins Minus – möglicherweise, weil die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit noch in dieser Woche neue Streiks nicht ausgeschlossen hat.

Nach mittlerweile acht Streikwellen seit dem Frühjahr zeichnet sich noch immer keine Annäherung ab. Die Piloten kämpfen um die Beibehaltung ihrer Frührentenregelung, Bislang konnten Piloten frühestens mit 55 Jahren das Steuer aus der Hand legen – durchschnittlich gehen sie mit 59 Jahren in Pension. Die Lufthansa will den Schnitt auf 61 Jahre erhöhen.

Für die Piloten geht es um viel mehr. Sie kämpfen gegen den weit gediehenen Plan Spohrs, unter der Marke Wings für Kurz- und Mittel- sowie auch Langstrecken eine Billigtochter zu etablieren. Wo nicht mehr Lufthansa draufstehe, müsse auch nicht mehr Lufthansa drin sein, beschreiben Experten den Umstand, dass bei Wings die LH-Kollektivverträge nicht angewendet werden müssten. Das hieße, dass billigeres Leihpersonal engagiert würde bzw. Lufthanseaten zu deutlich günstigeren Konditionen arbeiteten. Womit teure Piloten den Arbeitsplatz verlören.

Air Berlin profitiert

Luftfahrtexperten beziffern den Schaden für die Lufthansa aus dem siebenmonatigen Arbeitskampf bisher auf 100 Mio. Euro. Ein Rückgang der Flugbuchungen ist dabei noch nicht mitgerechnet. Profiteur der angespannten Situation, die auch das Image der Lufthansa trifft, ist Erzrivale Air Berlin. Dort sei die Nachfrage kurzfristig deutlich gestiegen, sagte ein Sprecher.

Für die Lufthansa ist die Partnerschaft von Air Berlin mit Etihad aus Abu Dhabi ein Dorn im Auge. Das Luftfahrtbundesamt hat die – Gerüchten zufolge auf Druck der Lufthansa getroffene – Entscheidung, Codeshare-Vereinbarungen nicht zu genehmigen, erst nach politischen Interventionen und dem Einspruch von Air Berlin zurückgenommen. (eid/Reuters)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.10.2014)

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