Karstadt: Kleine Axt statt großen Plans

Closed doors with a slogan reading ' Warm Welcome ' are pictured at a Karstadt department store in Hamburg-Billstedt
Closed doors with a slogan reading ' Warm Welcome ' are pictured at a Karstadt department store in Hamburg-Billstedt(c) REUTERS
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René Benko, der neue österreichische Besitzer der maroden deutschen Kaufhauskette startet mit vorerst sechs Filialschließungen. Wie aber sieht das Zukunftskonzept aus?

Wien/Essen. Bis in die Nacht rang der Aufsichtsrat am Mittwoch um die Zukunft von Karstadt. Düster das Ergebnis: Sechs Standorte der schwer angeschlagenen Warenhauskette müssen schon Mitte 2015 schließen. Dunkel bleibt vorerst auch, was der neue Eigentümer, René Benko, mit seinem Ein-Euro-Kauf eigentlich vorhat. Er selbst fehlte. Auch wenn Österreichs größter Immobilienunternehmer im Kontrollgremium formal nichts verloren hat: Viele hätten sein Kommen begrüßt. Denn das Misstrauen gegen den Senkrechtstarter bleibt groß. Wird er, anders als sein glückloser Vorgänger Nicolas Berggruen, wirklich Geld in Karstadt stecken?

Vielleicht startet die Sanierung deshalb nicht gleich mit dem großen Kahlschlag. Dass weitere Einschnitte folgen müssen, verhehlte das Management jedoch nicht: Acht bis zehn weitere Standorte stehen auf der Streichliste. Über 20 der 83 Filialen machen massive Verluste. Konkurrent Kaufhof, der trotz Warenhaus-Krise immer noch profitabel ist, kommt auf vergleichbarer Fläche mit einem Fünftel weniger Personal aus. Damit ist das Sanierungsziel vorgegeben: Es geht um 3400 von 17.000 Mitarbeitern. Zudem soll die verunsicherte Belegschaft länger arbeiten und auf Weihnachts- sowie Urlaubsgeld verzichten. Der Betriebsrat kündigte Widerstand gegen das „Horrorkonzept“ an.

Die bitteren Nachrichten verkünden musste Stephan Fanderl. Der bisherige Aufsichtsratschef, der Benkos Vertrauen genießt, wechselt an die operative Spitze. Gerissen hat sich der 51-Jährige nicht um die zurzeit wohl undankbarste Aufgabe im deutschen Topmanagement. Schon mehrmals hatte man ihm den Job angetragen. Nun muss er ran – schon deshalb, weil nach dem überstürzten Abgang der früheren Ikea-Managerin Eva-Lotta Sjöstedt kein externer Kandidat zu finden war. Immerhin ist der bodenständige Sohn eines Edeka-Kaufmanns, anders als seine Vorgänger, mit dem deutschen Einzelhandel bestens vertraut. An die Spitze des Aufsichtsrats rückt Wolfgang Keil nach, der Leiter der Signa-Handelssparte. Der Sanierer gilt als Benkos Mann für das Grobe.

Sanieren, umbauen oder schließen

Der Rettung soll ein „Zukunftskonzept“ folgen. Wie es aussieht, bleibt offen. Teuer wird beides auf jeden Fall: Reuters zitiert einen Insider, der allein die Kosten einer nachhaltigen Sanierung mit 263 Mio. Euro beziffert. Experten haben große Zweifel, dass Benko bereit und in der Lage ist, viele hundert Millionen zu investieren. Seine Welt sind viel eher edle Einkaufszentren oder Shop-in-Shop-Konzepte. Ein entsprechender Komplettumbau wäre aber noch viel teurer: Experten schätzen die Kosten laut „Süddeutscher“ auf eine Milliarde Euro. Auch deshalb haben viele erwartet, Benko würde Karstadt schon bald filetieren: einige wenige gute Standorte in Shoppingmalls umbauen und den großen Rest zusperren. Aber die Personalentscheidungen deuten laut „Spiegel“ darauf hin, dass sich Benko doch auf das riskante Abenteuer Warenhaus einlässt. Gut möglich, dass er einfach seine bisherigen Investments retten will: Signa gehören zahlreiche Karstadt-Immobilien, für sie fließen üppige Mieten.

Ein Konzept gibt es bisher nur für die drei Luxushäuser in Berlin, Hamburg und München: Unter dem neuen Namen „The KaDeWe Group“ werden alle drei auf die Optik des legendären Berliner Hauses getrimmt. Weitere Standorte im Ausland könnten folgen – auch in Wien. (gau)

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