Britische Wirtschaft schrumpft Richtung Rezession

(c) REUTERS (Luke Macgregor)
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Zum ersten Mal seit 1992 ist das BIP von Großbritannien im dritten Quartal geschrumpft. Die Notenbank nahm das "R-Wort" bereits in den Mund: Die Insel steuert auf eine Rezession zu.

Die britische Wirtschaft ist im dritten Quartal erstmals seit 1992 geschrumpft und hat damit Sorgen vor einer langen und schmerzhaften Rezession geschürt. In den drei Monaten bis Ende September sank das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,5 Prozent. Das ist das erste Minus seit 16 Jahren und der stärkste Rückgang seit dem Schlussquartal 1990. Verglichen mit dem Vorjahr wuchs die Wirtschaft um 0,3 Prozent und damit so gering wie seit 1992 nicht mehr, wie aus den vorläufigen Daten des nationalen Statistikamts am Freitag hervorging.

Das BIP

Das Brutto-Inlands-Produkt ist die Summe aller Wertschöpfungen innerhalb einer Volkswirtschaft. Es entsteht aus der Summe aller produzierten Waren und Dienstleistungen abzüglich der Vorleistungen der einzelnen Betriebe. Steuern werden addiert, Subventionen abgezogen. Ein stark vereinfachtes Beispiel: Ein Importeur kauft eine Ware X um 15 Euro. Er verkauft sie um 18 Euro an einen Großhändler. Dieser verkauft sie um 21 Euro an einen Einzelhändler. Dort kauft sie ein Konsument um 26 Euro. Hier wurden 3+3+5 = 11 Euro Wertschöpfung erzielt, das BIP stieg dadurch um elf Euro. Das BIP von Österreich betrug im Jahr 2006 rund 257,9 Milliarden Euro.

Schwere Rezession droht

Notenbank-Mitglied Andrew Sentance betonte die Gefahr einer schweren Rezession in Großbritannien. "Wir hatten zuvor schon einige ziemlich tiefe und schwere Rezessionen im Vereinigten Königreich, und hoffentlich können wir eine Situation dieser Art in der derzeitigen Lage verhindern, aber die Risiken dafür haben zugenommen", sagte er der BBC. Notenbank-Vertreter Charles Bean sagte in einem Zeitungsinterview, die gegenwärtige Finanzkrise sei wohl die größte in der Geschichte. Derzeit sei es noch zu früh, um das Ausmaß der Auswirkungen auf die Wirtschaft zu erkennen. Von Rezession spricht man, wenn die Wirtschaft eines Landes zwei Quartale in Folge nicht wächst.

Regierung will helfen

Finanzminister Alistair Darling sagte, es sei wichtig, dass die Regierung nun Verbraucher und Unternehmen mit Steuersenkungen und Hilfe bei den Energiekosten entlaste. "Wenn wir das tun, bin ich zuversichtlich, dass wir mit anderen Staaten durch diese schwierige Phase kommen", sagte er dem TV-Sender Sky. Erst vor wenigen Tagen hatten Premierminister Gordon Brown und Notenbankgouverneur Mervyn King ebenfalls vor der Gefahr einer Rezession gewarnt.

Fast alles schrumpft

Außer dem Anteil der Landwirtschaft und des Staates an der Wirtschaftsleistung schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt im Sommer verglichen mit dem Frühjahr in allen Bereichen. Das Minus bei den Dienstleistern sei ein Anzeichen dafür, dass die Verbraucher ihre Ausgaben kürzten, sagte Unicredit-Analystin Chiara Corsa. "Wir haben seit langem vor einer Rezession im zweiten Halbjahr gewarnt, aber die heutigen sehr enttäuschenden Zahlen zeigen definitiv an, dass die Rezession länger und weitreichender sein könnte, als wir es bisher vermuten."

Kommt weitere Leitzinssenkung?

Die Bank von England hatte Anfang des Monats ihren Leitzins zusammen mit anderen Notenbanken auf 4,5 Prozent gesenkt. An den Märkten wurde nun auf eine weitere Zinssenkung um 0,5 Prozentpunkte spekuliert.

(Ag./Red.)

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