Von Wien bis Peking: Konjunkturprogramme im Überblick

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konjunktur(c) AP (FABIAN BIMMER)
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Milliardenschwere staatliche Finanzhilfen sollen die drohende Wirtschaftskrise abwenden - und eine Balance zwischen Abschwung und neuen Schulden einhalten. Hier der Überblick.

Angesichts der weltweiten Wirtschaftskrise haben mehrere Staaten Konjunkturprogramme geschnürt oder in Planung. Dafür muss die Schuldenaufnahme drastisch erhöht werden. Die Regierungen hoffen, mit den Ausgaben den Abschwung abzufedern und die Schulden in besseren Zeiten wieder abzubauen. Einige Ökonomen warnen aber, dass solche Maßnahmen in der Vergangenheit oft wirkungslos verpufft seien und die Schulden die Krise verschärfen können. Folgend die wichtigsten Maßnahmen einiger Länder im Überblick.

Österreich

Neben dem bereits beschlossenen Banken-Hilfspaket und dem ersten Konjunkturpaket ("Mittelstandsmilliarde") will die neue SPÖ-ÖVP-Regierung gleich zu Beginn der Legislaturperiode ein zweites Konjunkturpaket umsetzen, mit dem Wirtschaftswachstum und Beschäftigung gefördert werden soll. Eine Lohn- und Einkommensteuersenkung sowie eine Entlastung der Familien soll die Kaufkraft und somit die Nachfrage stärken. Für die Unternehmen sind Investitionsanreize geplant. Weiter festhalten will man am Ziel eines ausgeglichenen Budgets über den gesamten Konjunkturzyklus. Zur Konjunkturbelebung werden nächstes Jahr 545 Mio. Euro und 2010 555 Mio. Euro unter anderem in Kredite für Klein- und Mittelunternehmen, in ein verpflichtendes letztes Kindergartenjahr sowie in die thermische Sanierung von Gebäuden fließen.

USA

Der künftige Präsident Barack Obama will mit Investitionen in die Infrastruktur, Schulen und alternative Energieprojekte 2,5 Millionen Jobs schaffen oder bedrohte Arbeitsplätze sichern. Obama nannte bisher keine konkreten Zahlen, nach US-Medienberichten soll das Konjunkturpaket in den kommenden zwei Jahren aber bis zu 700 Mrd. Dollar (546 Mrd. Euro) umfassen. Im Februar verabschiedete der US-Kongress bereits ein Paket im Umfang von 168 Mrd. Dollar - dies sah unter anderem Steuer-Schecks von mehreren hundert Dollar für die Bürger vor.

Japan

Die japanische Regierung will die Konjunktur nach einem ersten Paket in Höhe von umgerechnet rund 90 Mrd. Euro erneut ankurbeln. Dafür sind Ausgaben von knapp 40 Mrd. Euro geplant. Zu dem Paket gehören Steuersenkungen und ein Rettungsschirm besonders für mittelständische Firmen.

Europäische Union

Die Europäische Union will ein gemeinsames Paket mit einem Volumen von 130 Mrd. Euro schnüren - das entspricht in etwa einem Prozent des gesamten Bruttoinlandsprodukts (BIP) der 27 Mitgliedstaaten. Die EU-Kommission will die besonders betroffenen Branchen Bau und Auto stützen. Für Deutschland mit einem BIP von 2.423 Mrd. Euro (2007) wären dies knapp 25 Mrd. Euro - Berlin besteht aber darauf, dass bereits geleistete nationale Maßnahmen zur Stützung der Konjunktur in die Summe eingerechnet werden.

Deutschland

Mit einem Anfang November beschlossenen Paket in Höhe von 12 Mrd. Euro will die Regierung in den nächsten zwei Jahren Investitionen von 50 Mrd. Euro anstoßen und rund eine Million Jobs sichern. Das Paket sieht mehr Geld für Kommunen, den Verkehr und die Gebäudesanierung vor. Autokäufer sollen befristet von der Kfz-Steuer befreit werden. Ein Senkung der Steuern ist bisher nicht geplant. Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) wehrt sich gegen größere Programme, wie sie andere EU-Staaten von Deutschland, der größten Volkswirtschaft Europas, fordern: "Ich kann mit öffentlichen Konjunkturprogrammen nicht gegen den Trend anfinanzieren".

Grossbritannien

Mit einem Konjunkturprogramm von 20 Mrd. Pfund (23,7 Mrd. Euro) soll die Wirtschaft wieder angekurbelt werden. Als erstes großes EU-Land will Großbritannien von Dezember an auch die Mehrwertsteuer von 17,5 auf 15 Prozent senken. Allein diese vorübergehende Senkung kostet den Staat 12,5 Mrd. Pfund. Zudem sind "Steuergeschenke" vor allem für ärmere Bürger sowie die Einführung einer "Reichensteuer" vorgesehen.

Frankreich

Mit einem "strategischen Investitionsfonds" von 20 Mrd. Euro will der Staat wichtige Unternehmen fördern und vor ausländischen Übernahmen schützen. Rund zehn Mrd. Euro will Paris in den Ausbau des Glasfasernetzes für superschnelles Internet investieren. Als Stützung für die Autobranche sollen 400 Mio. Euro für die Entwicklung abgasarmer Autos bereitgestellt werden. Außerdem übernimmt der Staat 30.000 Wohnungsbauprojekte und organisiert 22 Mrd. Euro Kredite für den Mittelstand.

China

Für die kommenden zwei Jahre ist ein Paket in Höhe von umgerechnet knapp 600 Mrd. Dollar geplant. Damit soll die Binnenkonjunktur angekurbelt werden, weil besonders der Export in die USA wegen der dort ausbleibenden Nachfrage massiv eingebrochen ist. Vorgesehen sind Ausgaben für den Bau von Wohnungen für untere Einkommensschichten, Infrastrukturprojekte im ländlichen Raum, Projekte der Wasser- und Elektrizitätswirtschaft sowie Umweltschutzmaßnahmen.

(Ag./Red.)

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