"Schutzschirm Ost": Abfuhr für Osteuropa-Hilfspaket

(c) EPA (Vassil Donev)
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Nach Meinung der EU-Kommission reichen die bestehenden Finanzhilfen aus. Die Europäische Investitionsbank (EIB) und die Osteuropabank EBRD hätten ihre Hilfen erst vor Kurzem aufgestockt.

Wien. Die Wahrscheinlichkeit, dass das von der Wiener Regierung und den österreichischen Banken geforderte Osteuropa-Hilfspaket umgesetzt wird, ist gering. Eine Sprecherin von EU-Wirtschaftskommissar Joaquin Almunia sagte am Donnerstag, dass es schon „ein ganzes Aufgebot von Aktionen“ für Osteuropa gibt. Die Europäische Investitionsbank (EIB) und die Osteuropabank EBRD hätten ihre Hilfen erst vor Kurzem aufgestockt.

Die Sprecherin lässt aber noch mit einer anderen Bemerkung aufhorchen: Sie betonte, dass sich die österreichischen Investoren in Osteuropa nicht aus der Verantwortung stehlen dürfen. In Zeiten der Hochkonjunktur habe man kräftig zugekauft. „Die Verantwortung liegt zuallererst bei jenen Banken, die dort andere Banken gekauft haben. Sie und ihre Regierungen müssen in den neuen Mitgliedsländern für finanzielle Stabilität sorgen“, so die Auskunft aus Brüssel.

Die EU-Kommission habe das österreichische Bankenhilfspaket genehmigt. Es müsse sichergestellt werden, dass das Geld nicht nur den Mutterkonzernen, sondern auch den Töchtern in Osteuropa zugutekommt. Im Klartext: Sollten einige Banken wegen Osteuropa in Turbulenzen geraten, muss sich die Wiener Regierung etwas Neues einfallen lassen. Und das kann unter Umständen teuer werden. Das Kreditvolumen, das heimische Banken in Osteuropa ausständig haben, erreicht mit 230 Mrd. Euro 68Prozent des österreichischen Bruttoinlandsprodukts. Anders ausgedrückt: 19,5 Prozent aller Kredite von EU-Banken in Osteuropa haben die österreichischen Institute in den Büchern. Das zehnmal so große Deutschland liegt mit einem Anteil von 15,8 Prozent an zweiter Stelle.

Keine Ratschläge aus Wien

Hinter vorgehaltener Hand äußern sich viele Experten befremdet, wie die Aktion abgelaufen ist. Bevor Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) mit der Forderung nach einem Hilfspaket an die Öffentlichkeit gegangen waren, hätten sie innerhalb der EU mehr Vorbereitungsarbeiten leisten sollen, heißt es. Pröll kündigte außerdem an, in den nächsten Wochen in die Ukraine, nach Rumänien und Bulgarien fahren zu wollen, um seine Amtskollegen von Hilfspaketen zu überzeugen. In Osteuropa fühlen sich viele Politiker wegen der Ratschläge aus Wien bevormundet. „Kein Kommentar“, sagte ein Sprecher der Regierung in Budapest auf die Frage, ob man die Initiative von Pröll und Faymann unterstützen werde.

Auch viele Banker sind mittlerweile unglücklich. Noch in der Vorwoche hatten neun internationale Großinstitute – darunter Raiffeisen International, Erste Bank und Bank Austria – in einem etwas ungewöhnlichen Hilferuf einen Aktionsplan für die angeschlagenen Volkswirtschaften in Mittel- und Osteuropa verlangt. Nun werden Stimmen innerhalb der Branche laut, das Ganze sei kontraproduktiv gewesen.

Für Diskussionen sorgt in diesem Zusammenhang das Verhalten der Bank-Austria-Mutter UniCredit. Denn UniCredit-Chef Alessandro Profumo kündigte an, er prüfe, dass die Bank Austria wegen der Risken in Osteuropa in Österreich Staatshilfe beantragen werde. „Für mich stellt sich die Frage, warum UniCredit nicht vom italienischen Staat unterstützt wird“, meint Finanzexperte Hannes Androsch.

Österreichs Banken dementieren, Gelder aus Osteuropa abgezogen zu haben. Dennoch wurden die Investitionen infolge der Finanzkrise zurückgefahren. Raiffeisen und Bank Austria legten die Pläne für den Filialausbau in der Region auf Eis.

Dramatischer sind die Auswirkungen auf Ungarns größtes Finanzinstitut OTP Bank. Die Bank sucht laut dem Online-Finanzdienst Portfolio.hu dringend einen Käufer für die Ukraine-Tochter. Diese war erst 2006 der Raiffeisen-Gruppe um 650 Millionen Euro abgekauft worden. Als Hauptmotiv für den Verkauf gilt neben dem drohenden Staatsbankrott der Ukraine die Tatsache, dass fast alle Kredite in Dollar vergeben wurden – die Chance, dass Private und Unternehmen diese mit der entwerteten Landeswährung Hriwna bedienen könnten, sei gering.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.01.2009)

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