Wozu brauchen wir noch Banken?

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Der iPhone-Hersteller Apple plant eine Partnerschaft mit Alibaba. Beide wollen mit neuen mobilen Bezahldiensten punkten und den etablierten Banken Konkurrenz machen.

Wien. Die Finanzbranche steht vor massiven Veränderungen. Immer mehr Menschen wickeln ihre Geldgeschäfte nicht mehr in den Filialen, sondern im Internet ab. Bank-Austria-Chef Willibald Cernko geht davon aus, dass in den nächsten fünf bis zehn Jahren in Österreich ein Drittel bis die Hälfte aller Filialen schließen wird. Doch das ist längst nicht alles. Nun gibt es für die Banken eine neue Bedrohung. Wie jetzt bekannt wurde, plant der iPhone-Hersteller Apple ein Bündnis mit der chinesischen Handelsplattform Alibaba, um ein mobiles Bezahlsystem aufzubauen.

Apple-Chef Tim Cook sagte bei einer vom „Wall Street Journal“ veranstalten Konferenz, er werde noch diese Woche darüber mit dem Alibaba-Generaldirektor, Jack Ma, sprechen. Alibaba gehört zu den führenden Internet-Plattformen in China und besitzt bereits den Bezahldienst Allpay mit 300 Millionen Kunden. Apple und Alibaba gehören zu den innovativsten Technologiefirmen weltweit. Analysten trauen ihnen zu, dass sie mobilem Bezahlen zum Durchbruch verhelfen.

Seit dem Börsengang im September haben die Aktien von Alibaba massiv zugelegt. Die Marktkapitalisierung des Unternehmens ist auf über 200 Milliarden Dollar gestiegen. Damit ist Chinas Internetkonzern mehr wert als Amazon und eBay zusammen.

Großes Interesse der Kunden

Apple startete vor einer Woche in den USA mit dem iPhone-Bezahldienst Apple Pay. Das Interesse war groß. Gleich in den ersten drei Tagen haben sich mehr als eine Million Kunden bei Apple Pay registrieren lassen. Das Besondere ist, dass Kunden bei Einkäufen kein Bargeld mehr brauchen. Sie halten an der Kasse einfach ein iPhone der neuen Generation an ein Lesegerät mit NFC-Funk. Die Zahlung wird einfach mit dem Fingerabdruck auf dem eingebauten Sensor des Geräts statt mittels PIN-Eingabe bestätigt. Bislang war der Zahlungsverkehr eine Domäne der Banken. Doch ihnen droht nun mächtige Konkurrenz durch IT-Konzerne wie Apple und Alibaba. Derzeit wird das Apple-Bezahlsystem in den USA über Kreditkarten (wie Visa und Mastercard) abgewickelt. Für eine Kreditkarte braucht man noch ein Bankkonto. Doch Beobachter halten es für möglich, dass die IT-Konzerne später selbst um eine Banklizenz ansuchen werden, um irgendwann auch Konten führen zu können.

Das würde bedeuten, dass die Banken in Teilbereichen überflüssig werden oder sich auf andere Geschäftszweige wie Kredite konzentrieren müssen. Google hat in Großbritannien schon eine Banklizenz. Auch Facebook plant den Einstieg ins Finanzgeschäft. Peter Bosek, Vorstand der Erste Bank, sagte bereits im August zur „Presse“, er sehe in den „Googles und Facebooks der Welt“ das nächste große Thema in der Bankenbranche. „Innerhalb der nächsten zwölf bis 18 Monate werden sie in Teilbereichen Finanzdienstleistungen anbieten“, so Bosek.

Aufsicht ist nicht vorbereitet

Losgehen werde es wohl im Bereich Zahlungsverkehr. „Sehen Sie sich die Anzahl der iTunes-Accounts von Apple an. Wenn die daraus einmal Girokonten machen, und das ist relativ leicht möglich, haben sie mehr Kunden als die drei größten US-Banken zusammen“, so Bosek.

Zwar regt sich in den USA Widerstand gegen den Vorstoß von Apple. Die beiden Drogerieketten CVS und Rite Aid untersagten ihren Kunden, Einkäufe mit Apple Pay zu bezahlen. Apple-Chef Cook nannte das ein „Scharmützel“. Er zeigte sich dennoch überzeugt, dass sich der neue iPhone-Bezahldienst durchsetzen werde, weil er bequem und sicher sei.

Der Vorstoß von Apple und Alibaba lässt allerdings viele regulatorische Fragen offen. Denn weder die Banken noch die Aufsichtsbehörden sind auf die neue Konkurrenz vorbereitet. Zu klären sind etwa Themen wie die Einlagensicherung und die Datensicherheit. Denn viele Internetkonzerne sind darauf spezialisiert, die Daten ihrer Nutzer zu Geld zu machen. Die IT-Konzerne können beispielsweise das Einkaufs- und Bezahlverhalten ihrer Kunden auswerten, um produktspezifische Werbeinformationen zu senden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.10.2014)

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