Griechenland: Ein Stresstest, zwei Ergebnisse

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Die griechischen Banken bestehen den Stresstest - aber nur durch ein Entgegenkommen der EZB. Die vielen faulen Kredite sind eine schwere Belastung.

Athen. Wie so oft in den letzten Jahren hatte man in den vergangenen Tagen den Eindruck, dass Griechen und europäische Partner aneinander vorbeireden. Hatte es doch den Anschein, als hätte die Europäische Zentralbank (EZB) am Sonntag nicht einen, sondern zwei Berichte veröffentlicht – einen für Griechenland, einen für den Rest der Welt. In den europäischen Medien wurde berichtet, dass drei der vier griechischen Systembanken den Test nicht bestanden hätten, dass auf Grundlage der Bilanzen des Jahres 2013 eine Finanzierungslücke von 8,7 Milliarden Euro klaffe. In Griechenland selbst knallten inzwischen in Parteizentralen und Kreditinstituten die Sektkorken, man sprach von einem „durchschlagenden Erfolg“, auch die griechische Zentralbank zeigte sich glücklich. Jetzt, so hörte man von Vertretern der Regierungskoalition aus Konservativen und Sozialisten, sei das Bankensystem sicher, könne man beginnen, die Geldhähne aufzudrehen und Geld in die ausgetrocknete Wirtschaft zu pumpen.

Wer hat recht? Nun, dieses Mal die Griechen, man muss aber die Fußnoten im EZB-Bericht lesen, um zu sehen, dass für die Eurobank und die National Bank of Greece Ausnahmen gemacht wurden. Einerseits haben sich die Banken gut auf den Test vorbereitet, indem sie ihr Kapital um 6,4 Mrd. aufgestockt haben. Damit konnte die Piraeus-Bank, das größte griechische Institut, ihren Finanzierungsbedarf decken. Zusätzlich ließ sich die EZB von den Griechen überzeugen, Eurobank und National Bank eine „Extrawurst“ zu gewähren. Für die Bewertung herangezogen wurde bei ihnen eine „dynamische Bilanzprojektion“ für das laufende Jahr, die von der EZB abgesegnete Restrukturierungspläne und Zwischenergebnisse berücksichtigte. Damit, so die EZB, „weist die Eurobank so gut wie keine Kapitallücke und die National Bank of Greece keine Kapitallücke auf“.

Die Griechen hätten kein Problem gehabt, die Finanzierungslücken zu schließen. Aus dem Bankenrettungspaket in Form von Darlehen in Höhe von 48,5 Mrd. Euro, das die Partner der EU für Griechenland im Lauf der Schuldenkrise schnürten, wurden 11,6 Mrd. Euro nicht genutzt. Sie hätten herangezogen werden können. Doch dieses Geld will die Regierung als Reserve für künftige Löcher des Staatshaushaltes nutzen.

Zeitbombe: Faule Kredite

Die griechischen Banken, die im vergangenen Jahrzehnt stark von der rasanten Kreditausweitung profitierten, wurden von der Bankenkrise 2008 kaum getroffen, da sie nicht über „giftige“ Derivate verfügten, aber 2009 von der Schuldenkrise des Staates in den Abgrund gestürzt: Die Herabstufung der Kreditwürdigkeit Griechenlands riss die Banken mit sich. Dazu kam, dass sie eine große Zahl griechischer Staatsanleihen hielten. Der Haircut eben jener Anleihen im Frühjahr 2012 sorgte für riesige Defizite in den Bilanzen. Das Bankenrettungspaket wurde geschnürt, der Bankensektor gestutzt, kleinere Institute abgewickelt.

Ein Blick auf den EZB-Bericht zeigt aber, dass die griechischen Banken noch nicht aufatmen können. Die EZB setzt die Zahl der unbedienten Kredite bei der Piraeus-Bank mit etwa 55,8 Prozent an – eine astronomische Zahl. Auch die Alpha-Bank weist eine Quote von 42 Prozent auf. Die Zukunft wird zeigen, ob die Rücklagen reichen werden. Das Problem ist eine Hypothek aus den fetten Jahren: Zu leichtfertig wurden Kredite vergeben und mit Immobilien besichert, deren Wert nun rapide fällt. Die Kreditinstitute dürften einen Teil der problematischen Darlehen an internationale Fonds abtreten. Die Propaganda von Links- und Rechtsopposition gegen die Verpfändung der griechischen Eigenheime an die „internationalen Finanzhaie“ hat längst begonnen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.10.2014)

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