Geldpolitik: Mr. Greenspans Gespür für Timing

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Just am Tag, an dem die Fed ihren Ausstieg aus „Quantitative Easing“ verkündet, äußert deren Ex-Chef Alan Greenspan seine Bedenken über die Wirksamkeit der US-Geldpolitik.

Washington/Wien. Es war zumindest eigenartiges Timing: Just am Mittwoch, also jenem Tag, an dem die US-Notenbank Federal Reserve ihren lange angekündigten endgültigen Ausstieg aus dem Gelddruckprogramm „Quantitative Easing“ offiziell bekannt gab, trat Ex-Fed-Chef Alan Greenspan beim Thinktank „Council on Foreign Relations“ auf und machte seinen Zweifeln Luft. Kurz: Greenspan ist nicht der Meinung, dass dieser erste Schritt in Richtung Normalität schon Grund zum Jubeln ist.

Aber der Reihe nach: Die US-Notenbank Federal Reserve hat als Reaktion auf die Finanzkrise im Zuge mehrerer Programme unter dem Namen „Quantitative Easing“ mehr Geld in die Märkte gepumpt als je zuvor. Die Bilanzsumme der Fed – die den besten Überblick über die Summen der Unterstützungskäufe gibt – ist in dieser Zeit von knapp 900 Mrd. Dollar im Jahr 2007 auf rund 4400 Milliarden (oder 4,4 Billionen) in diesem Jahr angewachsen.

Dieser massive Markteingriff wurde notwendig, weil die „konventionellen“ Maßnahmen der Notenbank bereits verbraucht waren. Konkret: Der Leitzins wurde bereits auf ein Rekordniveau von praktisch null gesenkt – und da wird er auch noch einige Zeit stehen bleiben. Aber „Quantitative Easing“ ist Geschichte. Bleibt die Frage: Wie geht es weiter? Und: Hatten die Käufe von Wertpapieren und Staatsanleihen im großen Stil den gewünschten Effekt?

Delikater Ausstieg aus „QE“

Nein, sagt Alan Greenspan, der immer noch den Spitznamen „Maestro“ trägt und mit fortschreitendem Alter (er ist 88) immer redefreudiger wird. Sein Argument: Die positiven Effekte des Gelddruckprogramms seien eher kosmetischer Natur. Das Fed-Geld hätte zwar die Zinsen gedrückt und die Preise an den Börsen angefeuert – der Realwirtschaft hätten sie aber nicht wirklich geholfen. Greenspan war in den Jahren 1987 bis 2006 selbst Chef der US-Notenbank. In dieser Zeit hat er (nach der Krise von 2000) die Grundlagen für die bis heute anhaltende Niedrigzinspolitik der Fed gelegt. Sein Nachfolger Ben Bernanke war der Erfinder von „Quantitative Easing“. Und dessen Nachfolgerin Janet Yellen muss jetzt den delikaten Ausstieg aus diesem Geldexperiment schaffen.

Greenspan warnte bei seinem Auftritt am Mittwoch, dass dieser Ausstieg sicherlich kein einfaches Unterfangen sein werde. Er glaube nicht, dass ein Ausstieg aus der enorm lockeren Geldpolitik ohne Probleme an den Märkten möglich sei – eben weil die Fed für ein Kursfeuerwerk gesorgt hat.

Gold ist „guter Ort“ für Geld

„Wir haben keine Erfahrung auf diesem Gebiet, also werde ich nicht hier sitzen und Ihnen erzählen, was exakt passieren wird“, sagte Greenspan. Auch Fragen nach einem möglichen Zeitpunkt für eine erste Zinsanhebung ließ er unbeantwortet. Viele Experten gehen davon aus, dass die Fed die Zinsen Mitte nächsten Jahres anheben wird.
Greenspan wies aber darauf hin, dass Märkte nicht immer rational agieren und bisher bei der kleinsten Andeutung einer möglichen Zinserhöhung mit großer Volatilität reagiert hätten.

Auch ein Blick nach Europa macht den „Maestro“ nicht optimistisch. Eine komplette politische Integration der Eurozone sei Voraussetzung für ein langfristiges Überleben des Euro. Sollte es dazu nicht kommen, dürften die Ungleichheiten innerhalb der Währungszone sich so lange verstärken, bis die Gemeinschaftswährung kollabiert. Zum Schluss bezeichnete der einstige „Mr. Dollar“ ausgerechnet das zuletzt von den Anlegern geschmähte Gold als einen „guten Ort“, um Geld anzulegen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.10.2014)

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