Ökonom Breuss zu TTIP-Studie: "Selten so einen Unsinn gesehen"

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Das Freihandelsabkommen TTIP koste Europa 600.000 Arbeitsplätze, wird in einer US-Studie behauptet. Fritz Breuss nimmt die Studie aufs Korn.

Viel Kritik prasselt auf die Autoren einer US-Studie zu TTIP herab. Der Wifo-Ökonom und emeritierte WU-Professor Fritz Breuss urteilt das Papier zum geplanten EU/USA-Freihandelsabkommen TTIP als "Blödsinn" ab: "Ich habe selten so einen Unsinn gesehen". Ein Modell der Makroökonomie, eine gesamtwirtschaftliche Betrachtung ohne Sektoren, sei für die Studie nicht geeignet. Geht es nach der US-Studie, hat TTIP einzig auf das Kapitaleinkommen einen positiven Effekt.

Die Studie sei "abenteuerlich", sagte Breuss am Freitag am Rande einer WU-Veranstaltung zu TTIP zur APA. Es werde nicht klar gesagt, wie sie erstellt wurde und es sei "irgendein Modell" angewendet worden. Im angewandten Makroökonomie-Modell seien keine Zölle und Handelshemmnisse eingebaut. "Die kann man aber nicht simulieren", so Breuss.

Die globalisierungskritische Organisation "Attac Österreich" hatte die US-Studie gestern als Beleg dafür bezeichnet, dass  das TTIP nicht nur ein Angriff auf soziale Standards, Arbeitsrechte, Umweltschutz, nachhaltige Landwirtschaft und Demokratie sei. Die Mehrheit der Menschen würde mit TTIP zugleich einen Verlust an Wohlstand hinnehmen müssen, so Attac-Ökonomin Alexandra Strickner.

EU-Experte: "Nicht aussagekräftig"

Geht es nach der Studie der US-amerikanischen Tufts University nahe Boston wird sich das Abkommen in Europa negativ auf Exporte, Bruttoinlandsprodukt (BIP), Arbeitseinkommen, Arbeitsplätze, Steuereinnahmen und Finanzmarktstabilität auswirken. Positive Effekte sind einzig für das Kapitaleinkommen zu erwarten.

Lutz Güllner, der stellvertretende Referatsleiter in der Generaldirektion Außenhandel der EU-Kommission, bezeichnete die US-Studie am Freitag vor WU-Studenten als "überhaupt nicht aussagekräftig". Die Studie sei bei Mittel- und Ansatzwahl sehr fragwürdig. Es habe nur ein Doktoratsstudent in seiner Doktorarbeit ein Modell angewendet und es gebe sehr viele bessere Ansätze.

(APA)

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