Bankerboni: Rückschlag für London

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Der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs wies den Einspruch der britischen Regierung gegen die Deckelung von Bankerboni zurück.

London. Der Tiefpunkt in den Beziehungen zwischen der Regierung in London und den Institutionen der Europäischen Union ist langsam erreicht. Mit der Zurückweisung der Einsprüche gegen geplante gesetzliche Beschränkungen von Bonuszahlungen für Banker hat der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), Niilo Jaaskinen, Großbritannien eine weitere herbe Abfuhr erteilt. „Sämtliche Klagegründe sind zurückzuweisen und die Klage abzuweisen“, schreibt Jaaskinen in seiner gestern, Donnerstag, veröffentlichten Stellungnahme.

Die Entscheidung des EuGH wird im kommenden Frühjahr erwartet. Doch das Gericht folgt üblicherweise der Empfehlung seines Generalanwalts. Daher ging man gestern in London auch davon aus, den Fall verloren zu haben. „Wir prüfen unsere Optionen und die Auswirkungen der Empfehlung im Detail“, sagte ein Sprecher von Schatzkanzler George Osborne zwar. Doch Tom Gosling von der Wirtschaftsberatungsfirma PwC meinte: „Die Banken sollten besser bereits mit der Planung für eine Bonusobergrenze beginnen.“

Großbritannien hatte gegen die vor allem vom Europaparlament geforderte Limitierung von Bankerboni auf maximal 100 Prozent (per Aufsichtsratsvotum) bzw. 200 Prozent (auf Aktionärsbeschluss) im September 2013 Beschwerde erhoben. EU-Parlament und die meisten EU-Regierungen wollten damit eine Konsequenz aus der Finanzkrise 2008 ziehen, die nach ihrer Ansicht durch exzessive Risikobereitschaft von Bankern verursacht wurde. Die massiven Boni hatten als Anreiz für ein erhöhtes Risiko gewirkt.

London argumentierte dagegen, dass eine Begrenzung der Boni entweder zu einer Abwanderung von Banken aus dem EU-Raum führen werde oder durch höhere Grundgehälter kompensiert und damit das Gegenteil der beabsichtigten Stabilisierung des Sektors bewirken würde. Schützenhilfe erhielt die Regierung vom Gouverneur der Bank of England, Mark Carney, der noch vor der Veröffentlichung der Empfehlung sagte: „Wir brauchen Bestimmungen, die ein Zurückholen der Boni bei Fehlverhalten oder negativen Entscheidungen ermöglichen. Wenn wir ein Limit auf Boni einführen, werden die Gehälter erhöht werden müssen, und eine derartige Rückholung wird umso schwieriger.“ Die EU-Position sei „bedauerlich“.

Angst vor UKIP-Wahlerfolg

Die Veröffentlichung erfolgte ausgerechnet an jenem Tag, an dem die konservative Regierungspartei von Premierminister David Cameron bei der Nachwahl in Rochester fürchten musste, den zweiten Parlamentssitz in Folge an die rechtspopulistische United Kingdom Independence Party (UKIP) zu verlieren. Zunehmend bedrängt von den UKIP-Wahlerfolgen rückt Cameron in seinen Aussagen immer weiter von Europa ab. Zuletzt erklärte er, Großbritannien wolle keine EU-Mitgliedschaft „um jeden Preis“.

In der EU scheint sich der Premier damit immer mehr zu isolieren, und die europäischen Institutionen scheinen mittlerweile die Geduld verloren zu haben. Veröffentlichungen wie die Forderung nach einer britischen Budgetnachzahlung erfolgen ohne Rücksicht auf britische Sensibilitäten. Es ist eine Position, die sich London ganz allein selbst zuzuschreiben hat, wenngleich dies Wasser auf die Mühlen der EU-Gegner spült und die UKIP-Behauptungen zu bestätigen scheint.

Mehr als die EuGH-Abfuhr beschäftigte die britische Öffentlichkeit gestern die Frage, warum sich die Regierung ausgerechnet zum Sprachrohr der allseits ungeliebten Banker macht. Die oppositionelle Labour Party ätzte: „Während der Durchschnittsbürger mit seinen Lebenshaltungskosten kämpfen muss, ist es die Priorität des Schatzkanzlers, mit Steuergeld gegen eine Bonusgrenze zu kämpfen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.11.2014)

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