Silicon Valley: Wer kein Fan ist, ist ein Feind

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Die jüngsten Bespitzelungs- und Sexismusvorwürfe gegen Uber veranschaulichen, wie im Wetteifern um öffentliche Aufmerksamkeit und Geldgeber Grundregeln der Unternehmenskultur missachtet werden.

Washington. Der Gründerchef freut sich, dass ihm der Erfolg seiner Firma den lang verwehrten Erfolg in der Damenwelt beschert (ihm kommen dabei als Erstes Brüste in den Sinn). Sein wichtigster Manager schlägt vor, im Privatleben einer aufmüpfigen Journalistin herumzuwühlen, woraufhin bekannt wird, dass jeder Angestellte auf seinem Bildschirm alle Fahrten aller Kunden beobachten kann: Uber, das derzeit bei Investoren begehrteste Unternehmen aus Kaliforniens Internetfirmenschmiede Silicon Valley, steckt in einer Imagekrise, in der sich die Unterstellung von Frauenfeindlichkeit und Überwachungsfantasien zum düsteren Bild eines geldgeilen Klüngels unreifer Kindmänner verdichtet.

Es gäbe kaum einen ungünstigeren Zeitpunkt für diese PR-Krise, die am Montag nach einem Bericht auf der Nachrichtenwebsite Buzzfeed ausgebrochen ist. Travis Kalanick, der 38-jährige Gründer und Chef dieses Transportunternehmens, in dem der Kunde mittels Handy-App freiberufliche Fahrer aus dem Uber-Netzwerk bestellt und die gesamte Verrechnung online abläuft, ist in Gesprächen mit Investoren über eine rund eine Milliarde Dollar (798 Millionen Euro) umfassende Kapitalerhöhung. Die Nachrichtenagentur Bloomberg News berichtete am Donnerstag, einige mögliche Geldgeber fragten nun genau nach, was es mit den Aussagen von Uber-Vorstand Emil Michael auf sich habe, wonach er „in euren Privatleben, euren Familien“ herumgraben lassen wolle.

Unreife trifft PR-Druck

Uber ist nicht allein: Vorwürfen der Frauenverachtung oder des nonchalanten Umgangs mit Kundendaten sah sich von A wie Amazon bis Z wie Zynga fast jede prominente Internetfirma ausgesetzt.

Diese Pannen passieren, weil in Kaliforniens Gründerparadies jugendliche Unreife und ein enormer Druck zur Selbstvermarktung aufeinandertreffen; auch bei den Medien, die über sie berichten. Wer das nächste Facebook oder Google gründen will, muss gegen mannigfache Konkurrenz anderer junger, hungriger Firmengründer bestehen. Die sich daraus ergebende dauerhafte Eigenwerbung hat eine spezielle Art von Digitalmedien geschaffen, die in einer Zwickmühle stecken: Einerseits sind sie auf Zugang zu und heißen Exklusivmeldungen von den Firmen angewiesen.
Andererseits verschließen sie sich diese Quellen, wenn sie zu kritisch berichten. Dass sich Pando, ReCode, TechCrunch und viele andere dieser Medienfirmen über Konferenzen finanzieren, bei denen jene Unternehmer auftreten, über die sie kritisch berichten sollten, verschärft den Zielkonflikt.

Erwachsene Aufpasser

Berichten oder bejubeln: Wer nicht mitspielt, darf nicht zur Vorstellung des neuen iPhone oder im Google Car mitfahren.

Verschärft wird dieses Problem durch die jugendliche Unreife vieler Mitspieler, sowohl aufseiten der Firmen als auch der neuen Medien. Eine Bekannte des „Presse“-Korrespondenten, die für eine internationale Personalagentur Kandidaten aus der Silicon-Valley-Branche auswählt, ist über die fehlende Maturität vieler der Talente, die sie für ihre Kunden interviewt, erschüttert: „Die haben meist keine Manieren, die man sich normalerweise erwarten darf, und keine Interessen außer Geldverdienen.“

Uber scheint zu begreifen, dass es ohne Erwachsene schwer ist, dauerhaft im Sturm der Öffentlichkeit zu bestehen: Im August wurde David Plouffe, ein früherer enger Berater von Präsident Barack Obama, neuer Kommunikationschef. Mit ähnlichen Personalentscheidungen haben schon Facebook und Google für mehr Professionalität gesorgt, als sie Sheryl Sandberg beziehungsweise Eric Schmidt in Führungsrollen einsetzten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.11.2014)

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