Amerikanische Haushaltsposse

U.S. President Obama holds a meeting with senor aides to discuss the U.S. fight against the Ebola virus, at the White House in Washington
U.S. President Obama holds a meeting with senor aides to discuss the U.S. fight against the Ebola virus, at the White House in Washington(c) REUTERS
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Einmal mehr spielt der Kongress mit der Zahlungsunfähigkeit von Amerikas Regierung. Doch dieses Mal hat Präsident Obama auch große Teile seiner eigenen Partei gegen sich.

Washington. 1,1 Billionen Dollar braucht Präsident Barack Obama, um seine Regierung bis zum 30.September 2015 zu finanzieren. Und anders als vor einem Jahr, als der Haushaltsstreit zwischen Demokraten und Republikanern im Kongress sämtliche Regierungsausgaben für 16 Tage stoppte und kurzzeitig zu befürchten war, dass die Regierung der weltgrößten Volkswirtschaft zahlungsunfähig wird, sieht es heuer theoretisch ziemlich gut aus für eine parteiübergreifende Einigung auf ein Budget: Die Demokraten wollen schnell noch wenigstens die Finanzierung ihrer wichtigsten sozialpolitischen Anliegen aus dem Bundeshaushalt sichern, bevor die Republikaner am 1. Jänner auch die Mehrheit im Senat übernehmen. Und die Republikaner sind mehrheitlich der Meinung, dass es sinnlos ist, jetzt mit dem politischen Gegner über jede Kleinigkeit zu streiten, wenn man in knapp drei Wochen ohnehin in beiden Häusern des Kongresses am Ruder ist.

Eine geplante Zitterpartie

Praktisch allerdings ist der Beschluss des amerikanischen Budgets auch heuer wieder eine Zitterpartie. Der 113.Kongress, dessen Gesetzgebungsperiode nun endet, war nicht nur einer der untätigsten in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Er hat die Finanzierung der Bundesregierung erneut zu einem haarsträubenden Spektakel gemacht. Obwohl Freitag der letzte Tag war, an dem der Senat tagt (die Abgeordneten des Repräsentantenhauses haben Washington bereits verlassen), war bis Redaktionsschluss der „Presse“ nicht klar, ob sich die beiden Parteien auf einen Haushalt einigen oder ob man, wie in den vergangenen Jahren, mit „Continuing Resolutions“ (befristeten Ausgabengenehmigungen) von Monat zu Monat weiterhumpelt.

Das Problem liegt darin, dass die Republikaner einige Gesetzesänderungen in den rund 1600 Seiten umfassenden Haushaltsentwurf gepackt haben, die in der Sache überhaupt nichts mit dem Budget zu tun haben. Das ist eine traditionelle Erpressungstaktik amerikanischer Kongresspolitiker, mit der man den politischen Gegner in die Enge treibt: Entweder er stimmt allem zu und sichert damit das Funktionieren der Regierung, oder er verweigert sich und steht als unpatriotischer Starrkopf da.

Sieg der Bankenlobby

Konkret erzürnt einen großen Teil des linken Flügels der Demokraten eine Bestimmung, derzufolge eine zentrale Reform der US-Finanzmarktaufsicht beseitigt würde. Schon vor mehr als einem Jahr hatten Vertreter der Bankenlobby, angeführt von der Citigroup, einen Gesetzesentwurf formuliert, der es den US-Kreditinstituten wieder erlauben würde, riskante Spekulationsgeschäfte, allen voran Swaps, durchzuführen, ohne die staatlichen Garantien zu verlieren, für die letztlich der amerikanische Steuerzahler geradesteht. Dieses Spekulationsverbot auf Staatskosten war einer der wesentlichen Aspekte des Dodd-Frank Act von 2010.

Linker Parteiflügel erzürnt

Präsident Obama hat mit dieser Aufweichung der Antwort auf die Ursachen und Exzesse der Finanzkrise von 2008 keine Freude, konkret ist ihm aber die Handlungsfähigkeit seiner Regierung wichtiger. So entfachte das Weiße Haus am Donnerstag einen Überredungssturm, um demokratische Senatoren und Abgeordnete zur Zustimmung für das Haushaltsgesetz zu bewegen. Der linke Parteiflügel, allen voran die Senatorin Elizabeth Warren und die Klubchefin im Abgeordnetenhaus, Nancy Pelosi, reagierte wutentbrannt und warf Obama vor, die Prinzipien der Partei zu verraten. Pelosi appellierte offen gegen Obamas Linie und sorgte damit dafür, dass der Gesetzesentwurf im Abgeordnetenhaus am Donnerstag erst vor Mitternacht mit 216 zu 209 Stimmen durchging.

Im Senat hingegen war am Freitag alles offen – allen voran die Frage, ob Warren einen Filibuster unterstützen würde, also eine Redeblockade. In der Sache ist ihre Haltung klar. „Der Kongress sollte dieses Budgetpaket nicht unterstützen, solange das Geschenk an die Wall Street nicht entfernt ist“, mahnte Warren am Donnerstag.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.12.2014)

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