Glock, seine Exfrau und ein Pentagon-Auftrag

(c) EPA (Arno Burgi)
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Das US-Militär sucht eine neue Pistole. Glocks Chancen sind durch eine unangenehme Klage in den USA getrübt.

Wien. Es ist der Traum aller Waffenproduzenten: ein Auftrag vom amerikanischen Verteidigungsministerium. 640 Milliarden Dollar gaben die USA im vergangenen Jahr für ihr Militär aus, mehr als jedes andere Land der Welt und mehr als die nachfolgenden neun Staaten zusammengerechnet (zum Vergleich: China liegt mit 188 Milliarden Dollar auf Platz zwei).

Jetzt steht einer der mengenmäßig größten Aufträge der Geschichte an: Das Pentagon ist auf der Suche nach einer neuen Pistole für seine Soldaten. Die Ausschreibung wird es im Jänner 2015 geben, zwei Jahre später sollen die ersten von mehreren hunderttausend Waffen geliefert werden. Und eine Firma gilt für diese Beschaffung als logischer Kandidat: der Kärntner Pistolenhersteller Glock.

Schon jetzt verwenden das FBI, die Drogenbehörde DEA und etwa zwei Drittel aller lokalen US-Polizeibehörden Pistolen aus Österreich. Auch Spezialeinheiten des Militärs (darunter die Navy Seals, die Osama bin Laden getötet haben) vertrauen auf eines der 21 verschiedenen Modelle.

Klage in Atlanta

Die Glock ist also eine erprobte Pistole, die als neue Standardwaffe für das Militär durchaus Sinn machen würde. Doch es gibt ein wesentliches Problem: die Exfrau von Gaston Glock.

Das einstige Ehepaar liefert sich seit seiner Trennung einen erbitterten Rosenkrieg. 2011 hatte sich Glock nach 49 Ehejahren von Helga scheiden lassen. Kurz darauf heiratete der mittlerweile 85-Jährige eine um 52 Jahre jüngere Villacherin. In Österreich hat Helga Glock bereits erfolgreich auf Unterhalt und erfolglos auf eine Beteiligung am Unternehmen geklagt.

Jetzt wird der Rechtsstreit in den USA fortgesetzt: In Atlanta (US-Bundesstaat Georgia) haben Helga Glocks Anwälte kürzlich eine 340 Seiten dicke Zivilklage eingebracht. In ihr werden schwere Vorwürfe gegen Gaston Glock erhoben – welche, das detailliert zu schreiben, ist rechtlich problematisch.

Die Anwälte des Waffenproduzenten drohen nämlich jedem mit Klage, der über Details aus der Klagsschrift berichtet (gegen Helga Glock gibt es bereits eine Klage wegen Rufschädigung). Die Vorwürfe seien alle falsch. Der Streitwert in den USA beläuft sich auf 500 Millionen Dollar, die Anzeige wurde nach dem Racketeering-Gesetz eingebracht. Dieses Gesetz war für den Kampf gegen die organisierte Kriminalität erlassen worden.

Schlimmer als die Klage ist für Glock die Berichterstattung. Denn in einschlägigen US-Zeitungen (für die andere rechtliche Regelungen gelten als für österreichische Medien) wird breit über den Fall berichtet. Und das Pentagon verfolgt im Vorfeld einer solchen Ausschreibung Diskussionen über potenzielle Bieter sehr genau.

Ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums wollte auf Anfrage nichts zu der Ausschreibung und schon gar nichts zu möglichen Kandidaten sagen. Experten meinen aber, dass bei einem solchen Großauftrag eine öffentliche Debatte über das Agieren eines der Bieter wenig dienlich sei. Die Vorwürfe gegen Gaston Glock in Kombination mit dem Faktum, dass es sich bei der Waffenfirma um ein ausländisches Unternehmen handelt, könnten die Chancen US-amerikanischer Unternehmen im Kampf um den Pistolenauftrag deutlich erhöhen.

Keine Stellungnahme von Glock

Eine Sprecherin der Firma Glock war trotz wiederholter Kontaktaufnahme im Lauf mehrerer Tage nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Ein Auftrag vom Pentagon wäre für Gaston Glock zweifellos der Höhepunkt seiner einmaligen Karriere, die in den 1980er-Jahren mit der Entwicklung der Glock17 für das österreichische Bundesheer begann. Anfangs hatte die Konkurrenz die Faustfeuerwaffe noch als „Plastikpistole“ belächelt, doch gerade das trug wesentlich zu ihrem Erfolg bei.

Die US-Armee hat fast 90 Jahre lang Colt-Revolver verwendet, 1985 wechselte sie zur Beretta M9. Die Firma Beretta will auch wieder um die neue Waffe mitbieten. Zweiter großer Bieter ist Smith & Wesson, die eigens ein Joint Venture mit dem Rüstungskonzern General Dynamics (U-Boote, Panzer) gegründet haben.

Die neuen Partner setzen im Kampf um den Millionenauftrag des Pentagons auf eine modifizierte Form der M&P von Smith & Wesson. Die Pistole aus Polymer wurde einst als Antwort auf die Glock entwickelt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.12.2014)

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