Schweiz: Negativzins gegen Flucht in Franken

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Die Nationalbank in Bern wehrt sich mit Negativzinsen für Einlagen dagegen, dass der Franken durch den Ansturm der Anleger zu stark wird. Das Vorbild ist Dänemark – und die EZB.

Wien. Die Schweizer Nationalbank (SNB) führt erstmals in ihrer Geschichte Negativzinsen ein: Ab 22. Jänner müssen Banken für Guthaben auf Girokonten bei der SNB 0,25 Prozent „Strafe“ zahlen. Damit verschärfen die Währungshüter ihren Kampf gegen einen zu starken Franken. Schon seit gut drei Jahren verteidigen sie mit Devisenkäufen einen Mindestkurs von 1,20 Franken für einen Euro. Eine stärkere Aufwertung würde aus ihrer Sicht die Exporte zu stark belasten und über sinkende Importpreise die Deflationsgefahr ins Land holen.

Warum fahren sie nun mit einem noch schwereren, umstrittenen Geschütz auf? Die Franken-Festung ist umringt von ökonomischen Unruheherden: Der Rubel stürzt ins Bodenlose, Griechenland droht politisches Chaos. Kauft die EZB tatsächlich bald Staatsanleihen, wird das den Euro weiter schwächen. Also fliehen seit einigen Tagen immer mehr Anleger in den sicheren Hafen und verstärken damit den Aufwertungsdruck. Spekulanten lecken Blut. Für die Notenbanker wird die Lage ungemütlich. Sie wollen nicht mehr alles auf eine Karte setzen und den Mindestkurs zusätzlich absichern. Geht die Rechnung auf, ziehen die Banken geparktes Geld ab und legen es in kurzfristige Wertpapiere an. Die zusätzliche Nachfrage treibt die Kurse und senkt die Renditen. Niedrigere Zinsen machen den Finanzplatz für internationale Investoren weniger attraktiv. Das hereingeströmte Geld fließt ab.

Sparer als Opfer?

So hat es zumindest in Dänemark funktioniert. Die dänische Nationalbank führte in der Euro-Schuldenkrise 2011 Negativzinsen auf Einlagen ein, um die Krone vor dem Sicherer-Hafen-Fluch zu bewahren. Tatsächlich stabilisierte sich der Kurs der Kapitalzufluss ebbte ab. Heuer kehrte man zum positiven Einlagenzins zurück.

Ein etwas anderer Fall sind die Negativzinsen der EZB. Zumindest offiziell hatte diese Maßnahme von Anfang Juni einen anderen Zweck: Sie soll vor allem südeuropäische Banken dazu bringen, dass sie ihre überschüssige Liquidität lieber in Kredite stecken, damit die Konjunktur beleben und die Gefahr einer Deflation eindämmen. Dieses Ziel wurde nicht erreicht.

Was nicht verwundert: Wenn Banken ihre Mittel parken, wollen sie offenbar kurzfristig und sicher anlegen und nicht langfristige, möglicherweise riskante Darlehen vergeben. Was schon im Frühling den Verdacht nährte, dass es auch der EZB in Wahrheit darum ging, die Währung zu schwächen. Damals war der Euro zum Dollar noch bedenklich stark. Laut durfte das EZB-Präsident Draghi nicht sagen, um keinen Währungskrieg anzuzetteln. In der Zwischenzeit ist der Euro tatsächlich deutlich gefallen, freilich vor allem wegen der sich immer mehr eintrübenden Konjunktur im Euroraum.

Mehr Kredite: Was die Kollegen in Frankfurt offiziell erhoffen, muss die SNB fürchten. Denn immer mehr Schweizer verschulden sich mit Hypotheken und kaufen Immobilien. Eine Blase droht. Hier müsste die SNB nun anders gegensteuern, etwa mit höheren Eigenkapitalerfordernissen.

Opfer der Negativzinsen ganz oben könnten aber die kleinen Sparer ganz unten sein. Denn wenn die Banken ihr Geld weiter bei der SNB parken, werden sie die zusätzlichen Kosten dafür abwälzen wollen – durch höhere Gebühren oder niedrigere Sparzinsen.

Allerdings federn großzügige Freibeträge den Effekt des Negativzinses für inländische Institute ab. Schaumgebremst war auch seine montägliche Wirkung auf dem Währungsmarkt: Der Franken pendelte sich nach kurzem Ausschlag bei 1,2045 für einen Euro ein – also nicht weit über dem Mindestkurs.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.12.2014)

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