Die US-Ölblase droht zu platzen

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Themenbild(c) REUTERS (SHENG LI)
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Dank des billigen Geldes aus der Notenpresse der Fed konnte die amerikanische Ölindustrie enorm ausbauen. Aber der fallende Preis droht nun die Blase zum Platzen zu bringen.

Wien. Der Ölpreis sinkt und sinkt – aber traditionelle Ölförderstaaten wie Russland und Saudiarabien sind nicht die Einzigen, denen das zu schaffen macht. Im Gegenteil. Denn gerade, weil die Förderung der neuen Ölsupermacht USA technisch aufwendig und teuer ist, droht der Ölpreisverfall der vergangenen Wochen ausgerechnet in Amerika eine Krise auszulösen. Daten der Deutschen Bank zufolge hat der US-Energiesektor seit 2010 rund 550 Mrd. Dollar über Anleihen eingesammelt.

Aber angesichts der fallenden Ölpreise bezweifeln einige Beobachter bereits, ob alle Unternehmen überhaupt in der Lage sein werden, ihre Verbindlichkeiten zu bedienen. Das Analysehaus CreditSights erwartet, dass sich die Ausfallquote bei Ramschanleihen auf dem Energiesektor im kommenden Jahr auf acht Prozent verdoppeln wird. Und Tim Gramatovich, Investmentchef von Peritus Asset Management im kalifornischen Santa Barbara, sagte der Finanzagentur Bloomberg: „Alles, was in Wahn ausartet, endet böse. Und das ist ein Wahn.“

Ein Bericht der Ratingagentur Moody's von vergangener Woche stellte sogar fest, dass sich der Anlegerschutz bei Firmenanleihen auf einem Allzeittief befindet. Derweil waren die Durchschnittsrenditen auf Ramschanleihen jüngst sogar niedriger als das, was Unternehmen im Bereich Investment Grade vor der Kreditkrise zahlen mussten. Heißt: Wer heute eine Ramschanleihe kauft, bekommt sein hohes Risiko noch nicht einmal mehr prämiert. Scheinbar wollen alle ein Stück vom amerikanischen „Ölkuchen“ haben. Alles Zeichen einer klassischen Spekulationsblase, angetrieben durch die extreme Geldpolitik der Federal Reserve.

Die US-Notenbank hält die Zinsen seit mittlerweile sechs Jahren praktisch am Nullpunkt. Zusätzlich hat sie die eigene Bilanz und die Geldbasis um rund vier Billionen (4000 Mrd.) Dollar aufgeblasen, um den US-Immobilienmarkt wiederzubeleben und die US-Regierung durch den Kauf von Staatsanleihen zu unterstützen.

Die Fremdfinanzierungskosten von Energiefirmen sind aber in den letzten sechs Monaten in die Höhe geschossen, während sich der Preis der US-Rohölsorte West Texas Intermediate seit dem diesjährigen Hoch im Juni bei 107,26 Dollar je Barrel mittlerweile fast halbiert hat. Die Renditen von als spekulativ eingestuften Energieanleihen sind vergangene Woche auf 9,5 Prozent gestiegen und haben damit den höchsten Stand seit mehr als fünf Jahren erreicht, zeigen Indexdaten der Bank of America Merrill Lynch. Mindestens drei Kreditnehmer aus dem Energiesektor, darunter C&J Energy Services, haben die Aufnahme neuer Finanzmittel in diesem Monat verschoben, während sich die Stimmung eintrübte.

Öl bis auf 20 Dollar?

Die drei Gelddruckrunden der Fed (Quantitative Easing 1–3) seien für kleine Firmen im kapitalintensiven Energiebereich, deren Erfolg auch von günstigen Finanzierungen abhängt, ein kleines Geschenk gewesen, sagt Chris Lafakis, leitender Ökonom von Moody's Analytics in West Chester, Pennsylvania. Die quantitative Lockerung sei „einer der Schlüsselfaktoren für das schnelle, halsbrecherische Wachstumstempo der US-Ölproduktion gewesen, das üppiges Kapital benötigt“, so Lafakis.

Jetzt droht der Rausch zum Kater zu werden – wie bei Spekulationsblasen üblich. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet von Analysen, die den Ölpreis bis auf 20 Dollar sinken sehen. „Wenn die Ölpreise lang genug niedrig genug bleiben“, sagt Oleg Melentyev, Kreditstratege der Deutschen Bank, „dann gibt es ein ziemlich gutes Argument dafür, dass einige der schwächsten Emittenten im Hochzinsbereich auf Probleme stoßen könnten.“ (Bloomberg/jil)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.12.2014)

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