Versicherungen: Chinesen gehen auf Immobilienjagd

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Chinesische Versicherungsgesellschaften dürfen seit 2012 im Ausland investieren – und tun dies nun vorzugsweise durch den Kauf von Luxus-Büroimmobilien.

Frankfurt. Was haben das berühmteste Hotel in New York – das Waldorf Astoria –, das Gebäude der Versicherung Lloyd's of London und der Hauptsitz einer britischen Spitzenkanzlei gemeinsam? Sie alle befinden sich im Besitz chinesischer Versicherungskonzerne.

Dieser neuen Generation an Käufern waren Auslandsinvestments vor 2012 noch untersagt. Seit die Versicherer mehr Freiheiten bekommen haben, ihre 1,6 Billionen Dollar an Anlagegeldern einzusetzen, überschwemmen sie den internationalen Markt auf der Suche nach erstklassigen Gewerbeimmobilien. Damit sind gute Zeiten für Verkäufer sogenannter Trophäenimmobilien angebrochen – also der reizvollsten und bekanntesten Gewerbeimmobilien in den Großstädten.

„Es gibt jetzt einen Verkäufermarkt, wenn man ein Spitzenobjekt besitzt“, sagt David Green-Morgan, Direktor globale Kapitalmarktanalyse bei Jones Lang LaSalle Inc. „Die neuen Investoren haben dazu beigetragen, die Preise in größeren Städten nach oben zu treiben.“

Die chinesische Versicherungsbranche, in der sich drei der fünf größten Unternehmen im Staatsbesitz befinden, hat Schätzungen zufolge im vergangenen Jahr rund 15 Mrd. Dollar in Objekte im Ausland investiert. Das ist fast das Dreifache der Summe, die zwei Jahre zuvor verzeichnet worden war. In diesem Jahr dürfte der Betrag auf mehr als 20 Mrd. Dollar anwachsen.

Während Versicherer wie China Life Insurance Co. und Ping An Insurance (Group) Co. ihre Einkaufstouren verstärkten, zogen die Angebotspreise im Zentrum Londons und in Manhattan in den ersten drei Quartalen 2014 um 15 Prozent beziehungsweise um elf Prozent an.

Das Transaktionsvolumen bei Gewerbeimmobilien legte im vergangenen Jahr auf etwa 700 Mrd. Dollar zu und erreichte damit den höchsten Stand seit 2008. Diese Entwicklung sei teilweise auch auf die neu entstandene Nachfrage durch die chinesischen Versicherer zurückzuführen, sagt Green-Morgan. Der Makler berät etwa ein halbes Dutzend Versicherer bei ihren Immobiliengeschäften im Ausland. „Chinas Versicherer bekommen Rückendeckung von der Regierung und sind begierig, eine internationale Transaktion unter Dach und Fach zu bringen, bevor ihre Wettbewerber zuschlagen“, erklärt er. „Sie zahlen Spitzenpreise.“

Die Chinesen sind an europäischen Bürogebäuden interessiert, weil es dort normalerweise sogenannte Ankermieter mit Vertragslaufzeiten von zehn Jahren und Renditen von bis zu fünf Prozent gibt. Die Mietverträge in Schanghais Bürokomplexen sind dagegen auf drei bis fünf Jahre ausgelegt, und bei den Renditen sind 4,5 Prozent die Norm.

Investments in Immobilien gewinnen an Attraktivität, nachdem die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen in den USA, Japan und Europa in diesem Monat auf Rekordtiefs gefallen sind.

Die chinesische Versicherungsgesellschaft Ping An gehörte zu den Ersten, die nach der Lockerung der Anlagevorschriften durch die Branchenaufseher 2012 direkt in Immobilien investierten. Der zweitgrößte Versicherer Chinas erwarb im Juli 2013 das Gebäude von Lloyd's of London, Sitz des ältesten Versicherungsmarkts der Welt, um 260 Mio. Pfund. Dem folgte bis Juni 2014 der Kauf eines Hochhauses im Londoner Finanzbezirk Canary Wharf für 795 Mio. Pfund durch ein Konsortium unter der Führung von China Life, dem größten Versicherer des Landes.

Anbang Insurance Group Co. besiegelte dann im Oktober den Kauf des New Yorker Waldorf-Astoria-Hotels, das von ausländischen Würdenträgern wie Königin Elizabeth II. besucht wurde, für 1,95 Mrd. Dollar. (bloomberg)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.01.2015)

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