Minus neun Prozent: Kursgemetzel an Börse Athen

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Der Bankenindex stürzt so stark ab wie nie zuvor. Privatisierungen bei der Staatseisenbahn und bei Regionalflughäfen wurden abgeblasen.

Der radikale Kurswechsel der neuen Regierung in Athen hat am Mittwoch Panikverkäufe an den griechischen Börsen ausgelöst. Der frisch gekürte Ministerpräsident Alexis Tsipras zerstörte die Hoffnungen der Börsianer auf einen Einstieg privater Investoren bei Staatskonzernen und schürte die Angst, dass die internationalen Partner den Geldhahn zudrehen könnten. Der griechische Aktienindex ASE stürzte daraufhin um mehr als neun Prozent bis auf ein Zweieinhalb-Jahres-Tief von 711 Punkten ab. Das war der größte Kursrutsch seit dem endgültigen Scheitern der griechischen Präsidentenwahl Ende Dezember.

Besonders hart traf es die Banken, die an der Börse bis zu 30 Prozent an Wert verloren; an Spitze die Piräus Bank, die mehr als 29 Prozent nach unten rutschte. Die Alpha Bank gab um mehr als 26 Prozent im Wert nach, die National Bank of Greece ebenfalls über 25 Prozent. Die Marktkapitalisierung der im Bankenindex gelisteten größten Banken des Landes schrumpfte auf zusammengerechnet rund elf Milliarden Euro zusammen.

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"Panikartige Zustände"

Investoren stellten sich auf das Schlimmste für den Sektor ein, erläuterte OTAS-Analyst Simon Maughan. Das wäre, wenn die Europäische Zentralbank die von den Banken gehaltenen Wertpapiere nicht mehr als Sicherheiten für Kredite akzeptieren würde. Damit würde ihnen der Geldhahn zugedreht. "Und eine Bank ohne Geld ist keine Bank." Im Markt herrschten panikartige Zustände. "Viele Investoren wollen raus, um jeden Preis."

Die Aktien von PPC brachen um rund 17 Prozent ein, nachdem die geplante Privatisierung des griechischen Energiekonzerns gestoppt wurde. Auch der geplante Verkauf des Hafens von Piräus wurde auf Eis gelegt - die Papiere verloren mehr als 10 Prozent. Sie waren mit 9,67 Euro so billig wie zuletzt im August 2012.

Privatisierungsstopp

Der Vizeminister für die Handelsmarine, Theodoros Dritsas, sagte nach der ersten Kabinettssitzung der neuen Regierung, mit dem Stopp der Privatisierungen der Häfen von Piräus und Thessaloniki erfülle Syriza ihr Wahlversprechen. Nach griechischen Rundfunkangaben sollen auch die griechischen Staatseisenbahnen nicht verkauft werden. Der neue Kurs Athens könnte auch die Pläne des deutschen Flughafenbetreibers Fraport (Frankfurt) durchkreuzen, der 14 griechische Regionalflughäfen übernehmen will. Der Deal soll eigentlich bis Herbst abgeschlossen sein.

Zehnjährige Anleihen über zehn Prozent

Griechenland hatte auf dem Höhepunkt der Wirtschafts- und Finanzkrise mit der Europäischen Union und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) Privatisierungen vereinbart, um weitere Unterstützung zu erhalten. Die Privatisierung von Staatseigentum gehörte demnach zu den Auflagen der internationalen Geldgeber im Gegenzug für die Finanzhilfen an das hoch verschuldete Land.

Eine heftige Reaktion zeigte sich auch im Handel mit griechischen Staatsanleihen. Sie wurden von vielen Anlegern abgestoßen. Die starken Verkäufe führten zu fallenden Kursen. Im Gegenzug stiegen die Renditen kräftig. Bei Papieren mit einer Laufzeit von zehn Jahren sorgten die Verkäufe im freien Handel für einen Anstieg der Rendite um 0,92 Prozentpunkte auf 10,15 Prozent. Der Zins am freien Markt hat damit wieder das Niveau erreicht, das er vor der Ankündigung des massiven Kaufprogramms von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank (EZB) erreicht hatte.

Die Renditen signalisieren den faktischen Preis, den Staaten für neue Schulden am Kapitalmarkt zahlen müssen - über sieben Prozent gelten sie als längerfristig nicht mehr tragbar. Griechenland ist schon seit Jahren auf Hilfsprogramme der internationalen Geldgeber angewiesen.

(APA/Reutes/dpa-AFX/AFP)

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