Deutschland: Mindestlohn verstärkt Schwarzarbeit

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Der zu Jahresbeginn eingeführte Mindestlohn von 8,50 Euro führt zu einem Anstieg der Schattenwirtschaft um 1,5 Milliarden Euro. Das hat der Linzer Professor Schneider berechnet.

Berlin/Linz. Kaum eine andere sozialpolitische Maßnahme wurde in Deutschland zuletzt so stark diskutiert wie die Einführung des Mindestlohns von 8,50 Euro pro Stunde. Damit sollen 3,7 Millionen Niedrigverdiener vor Dumpinglöhnen geschützt werden. Der Linzer Universitätsprofessor Friedrich Schneider hat nun berechnet, dass der Mindestlohn heuer zu einem Anstieg der Schattenwirtschaft und der Schwarzarbeit führen wird. Seinen Angaben zufolge geht es um 1,5 Milliarden Euro.

Denn in vielen Branchen mit einem hohen Anteil an Schwarzarbeit (wie persönlichen Dienstleistungen, Gaststätten und Hotels, Bauwirtschaft, Landwirtschaft) wurden im Vorjahr Löhne unter 8,50 Euro bezahlt. Davon waren in diesen Branchen knapp 40 Prozent der Beschäftigten betroffen. Laut Schneider dürfte aber nur ein kleiner Teil der Firmen und Auftraggeber in die Schwarzarbeit flüchten. Denn seinen Angaben zufolge müssen die Löhne in jenen Branchen mit einer traditionell hohen Verbreitung der Schwarzarbeit wegen des Mindestlohns um insgesamt sieben Milliarden Euro erhöht werden. Der prognostizierte Anstieg der Schattenwirtschaft von 1,5MilliardenEuro liegt somit deutlich darunter.

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Boom in Griechenland

In der am Dienstag vorgestellten Studie gibt es auch einen internationalen Vergleich. Darin zeigt sich, dass die Schattenwirtschaft in Griechenland am höchsten ist. Dort liegt der Anteil der Schattenwirtschaft im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt bei 22,4 Prozent.

Dahinter folgen weitere südeuropäische Krisenländer wie Italien (20,1 Prozent), Spanien (18,2 Prozent) und Portugal mit 17,6 Prozent. Griechenland hat in der Vergangenheit immer wieder versprochen, verstärkt gegen Schwarzarbeit und Steuerbetrug vorzugehen. Dies ist teilweise auch passiert. Denn 2010 lag der Anteil der Schattenwirtschaft im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt noch bei 25,4Prozent. Heuer dürfte der Wert wie erwähnt auf 22,4 Prozent sinken.

Laut Schneider hängt der Rückgang zuletzt weniger mit der Bekämpfung der Schattenwirtschaft, sondern vielmehr mit dem Wirtschaftswachstum zusammen, auch wenn sich dieses in Griechenland auf einem sehr niedrigen Niveau befindet.

Grundsätzlich sind Schattenwirtschaft und Schwarzarbeit zu unterscheiden. Unter Schwarzarbeit versteht man Tätigkeiten, die im Prinzip auch legal ausgeübt werden könnten, die jedoch den öffentlichen Stellen nicht gemeldet werden, damit keine Steuern und Sozialbeiträge gezahlt werden müssen. Die Schattenwirtschaft umfasst neben der Schwarzarbeit noch weitere Tätigkeiten – wie kriminelle Aktivitäten und illegale Beschäftigung. In Deutschland liegt der Anteil der Schattenwirtschaft im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt bei 12,2 Prozent.

Österreich gehört zu den wenigen Ländern, wo die Schattenwirtschaft heuer steigen wird – und zwar von 7,8 Prozent auf 8,2 Prozent des BIPs. Dabei geht es in Summe um mehr als 20 Milliarden Euro. Vor allem die steigende Arbeitslosigkeit und die hohe Steuerbelastung dürften für Hochkonjunktur beim Pfusch sorgen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.02.2015)

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