Die Welt ist mehr denn je auf Schulden gebaut

(c) imago/Westend61
  • Drucken

Seit der Finanzkrise stieg die Verschuldung weltweit um 57 Billionen US-Dollar. Österreich hat seine Schulden – mit kräftiger Hilfe der Regierung – auf 225 Prozent des BIP anschwellen lassen.

Wien. "Nie wieder“ wolle er neue Schulden machen. "Nie, nie nie!", versprach Griechenlands neuer Finanzminister Yanis Varoufakis im Interview mit der deutschen "Zeit". Ganz leicht zu glauben ist das nicht. Denn der linkspopulistische Syriza-Politiker wäre damit die große Ausnahme in einer Welt, die sieben Jahre nach Ausbruch der globalen Finanzkrise mehr Schulden angehäuft hat als je zuvor. Zur Jahrtausendwende lag die weltweite Verschuldung bei 87 Billionen US-Dollar (76,2 Bill. Euro), 2007 waren es bereits 142 Billionen Dollar in der Kreide. Seither stiegen die Verbindlichkeiten noch einmal um 57 Billionen auf 199 Billionen Dollar, so das Ergebnis einer Studie des McKinsey Global Institute (MGI).

Sucht nach geborgtem Geld

"Nach der Finanzkrise von 2008 sowie der längsten und tiefsten Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg war erwartet worden, dass die Volkswirtschaften der Welt ihre Schulden abbauen würden.", schreiben die Studienautoren. Nachsatz: "Es ist nicht passiert." Im Gegenteil: Viele Länder haben ihrer Sucht nach geborgtem Geld gerade in schwierigeren Zeiten ungehemmt freien Lauf gelassen.
Relevant sind dabei nicht nur die Staatsschulden, über die in den Medien meist berichtet wird. Die Studienautoren nehmen auch die Kredite der Unternehmen und Haushalte unter die Lupe. Erst dann wird das gesamte Ausmaß der Überschuldung offensichtlich.

Österreich kommt in dieser Berechnung auf eine gesamtstaatliche Schuldenquote von 225 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung (BIP) des Landes. Ausgenommen ist hierbei der Finanzsektor, der auf zusätzliche Schulden in Höhe von 80 Prozent des BIP kommt. Interessant ist aber vor allem, wer diese Gesamtschulden-Quote in Österreich seit Ausbruch der Krise am stärksten nach oben getrieben hat.
Die Privaten waren es nicht. Sie haben trotz günstigster Kredit-Konditionen in Summe keine zusätzlichen Verbindlichkeiten aufgehäuft. Ihre Schuldenquote liegt weiterhin bei 50 Prozent des BIP. Auch Unternehmen waren mit einem Plus von sechs Prozentpunkten auf 88 Prozent eher zurückhaltend, Banken konnten ihre Schulden sogar um 21 Prozent abbauen. Die öffentliche Hand hingegen weitete ihre Schulden in den vergangenen sieben Jahren um ein knappes Viertel auf 87 Prozent aus und ist nunmehr zusammen mit den Unternehmen der größte Schuldner im Land.

Österreich teilt dieses Schicksal mit den meisten Industrienationen. An der Spitze liegt Japan mit einer Gesamtschulden-Quote von 400 Prozent des BIP. Mehr als die Hälfte steuert auch hier die Regierung bei. Etwas überraschend ist, dass mit Irland just jenes Land, das als Vorzeigeschüler der Krisenstaaten gilt, an zweiter Stelle aufscheint. Die irische Schuldenquote liegt immer noch bei 390 Prozent des BIP. Nicht dazugerechnet sind die Verbindlichkeiten der Banken in Höhe von zusätzlichen 291 Prozent.

Europas großes Sorgenkind Griechenland hingegen landet mit einer Schuldenquote von 317 Prozent des BIP „nur“ auf dem siebenten Rang. Bemerkenswert ist hierbei, dass der griechische Staat mit 183 Prozent des BIP mit Abstand den Löwenanteil der Schulden des Landes stemmt. Die griechischen Finanzinstitute sind hingegen mit Verbindlichkeiten von fünf Prozent der Wirtschaftsleistung nahezu schuldenfrei.
Aber nicht alle Schulden müssen Kopfzerbrechen bereiten. Fast die Hälfte aller neuen Verbindlichkeiten wurden etwa von Unternehmen aufgenommen, um in Schwellenländern zu investieren. Das sei eine gute Entwicklung, so die Autoren. Auch die Entschuldung des Finanzsektors sei zu begrüßen.

China als größtes Pulverfass

Das größte Pulverfass orten die Autoren in China. Seit 2007 schnellten die Schulden in der Volksrepublik von sieben auf 28 Billionen Dollar oder 282 Prozent der chinesischen Wirtschaftsleistung in die Höhe. Damit ist das Schwellenland bereits ähnlich hoch verschuldet wie entwickelte Industriestaaten. Besonderes Problem: Die Hälfte der Schulden stehen direkt oder indirekt in Zusammenhang mit dem überhitzten chinesischen Immobilienmarkt. Zudem ist jeder zweite neue Kredit von unregulierten Schattenbanken vergeben worden. Derartige Institute versprechen etwa reichen Chinesen hohe Renditen und pumpen deren Geld in teils hoch riskante Projekte. Weltweit wurden derartige Schattenbanken, die auch bei der Finanzkrise eine fatale Rolle gespielt hatten, zuletzt zurückgedrängt. In China sind sie noch voll im Geschäft.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Österreich

Budget: Österreich vor Schuldenexplosion

Im dritten Quartal 2014 sind die Staatsschulden auf 80,7 Prozent des BIPs zurückgegangen, aber darin sind die Hypo-Milliarden noch gar nicht enthalten.
International

USA-Staatsschulden: Die 18-Billionen-Dollar-Frage

Seit Obamas Amtsantritt ist die Staatsschuld um mehr als 70 Prozent gestiegen. Zwei Drittel der Neuschulden gehen für Sozialleistungen drauf, an denen auch die Republikaner nicht rütteln.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.