Öl-Aktien: Die jähe Manie der Depressiven

File photo of a Chevron sign displayed at a gas station in Buckeye
File photo of a Chevron sign displayed at a gas station in BuckeyeREUTERS
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Nach einem monatelangen Preisverfall ist Öl seit einer Woche im Aufwind. Das beflügelte auch die Öl-Aktien, die sich seit einigen Wochen erholen. Der Optimismus scheint verfrüht.

Neben der Geldschwemme durch die Zentralbanken zählen die Launen des Ölpreises nach wie vor zu den bestimmendsten Momenten für die Entwicklung der Wirtschaft und der Börse. Seit Sommer ist der Ölpreis wegen des Überangebots und des preisvernichtenden Kampfs um Marktanteile um mehr als die Hälfte eingebrochen. Hatte die europäische Sorte Brent im Juni noch knapp 115 Dollar je Barrel gekostet, so im Jänner 2015 weniger als 46 Dollar. Die US-Sorte WTI ist auf gut 38 Dollar abgesackt. Seit einer Woche jedoch gehen die Preise nach oben, sodass Brent aktuell bei über 58 Dollar und WTI bei 52 Dollar notieren.

Eine nachhaltige Gegenbewegung muss das nicht bedeuten. „Aus fundamentaler Sicht hat sich nicht viel geändert“, sagt Eugen Weinberg, Rohstoff-Chefanalyst der Commerzbank, auf Anfrage: „Der Anstieg ist massiv spekulativ getrieben.“ Die US-Lagerbestände befinden sich auf Rekordniveau, die Produktion fällt nicht ab, Saudiarabien attackiert US-Produzenten weiter mit Dumping. Gewiss, die Neubohrungen in den USA gehen zurück, und die Ölmultis haben ihre Investitionsbudgets gekürzt. Das hat die Ölfutures für Ende 2016 auf über 70 Dollar getrieben.


Ölaktien steigen wieder. Die Spekulation auf eine schnelle Erholung hat zuletzt auch die Aktien der Ölfirmen befeuert. Dies, obwohl ihre Bilanzen seit Sommer – und vor allem im vierten Quartal – deutlich verhagelt sind. So hat die Aktie der britischen BP seit Sommer um 30 Prozent verloren, seit Mitte Dezember um 20 Prozent zugelegt. BP liegt damit im Schnitt des Branchenindex Stoxx Europe 600 Oil & Gas, der 28 Öl- und Gasfirmen abbildet.

Anleger sind mittlerweile erfreut, wenn die Gewinneinbußen, die im Sektor im Schlussquartal bei 20 bis knapp 60 Prozent gelegen sind, geringer ausfallen als prognostiziert. Eine dramatischere Tal- und Bergfahrt als BP hatten die norwegische Statoil, die russische Rosneft und die OMV. Demgegenüber weniger gebeutelt wurden die US-Konkurrenten Exxon Mobil und Chevron mit seiner schlanken Kostenstruktur.

Es wird von den oben dargelegten Aussichten für die Ölpreisdynamik abhängen, ob die Aktien nochmals unter Druck kommen. „Wir haben heute schon viel Optimismus im Ölpreis“, so Weinberg. Walter Vorhauser von der Investmentbank Oddo Seydler bleibt daher auch für Ölaktien skeptisch, zumal sich der Preis erst 2015 richtig negativ auswirken werde.

Bestechend sind die Dividenden, liegt doch die Rendite durchwegs bei über fünf Prozent. Ihre Auszahlung steht außer Frage. Gilt Shell als ideal beim Chancen-Risiko-Verhältnis, so bleibt BP von Strafen für die Ölpest 2010 bedroht. Laut Bloomberg hat Shell 16 Kauf- und zwei Verkaufsempfehlungen; 14 Analysten sagen Halten. Bei BP sagen zwölf Analysten Kaufen, sechs Verkaufen und 18 Halten. Bei der österreichischen OMV ist das Verhältnis 6:9:8. Das Konsens-Kursziel von 23,22 Euro auf Sicht von zwölf Monaten ist schon erreicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.02.2015)

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