Auch die Chinesen kaufen nicht mehr

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Die Volksrepublik importiert ein Fünftel weniger Waren als vor einem Jahr. Es ist der größte Einbruch seit fünf Jahren – und Zeichen für eine neuerliche Krise.

Peking. Es ist nicht der erste Warnschuss, den die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt in den vergangenen Wochen vernehmen musste. Die Wirtschaft schwächt sich ab, die Schulden des Landes steigen rapide, und jetzt bricht auch noch die Kaufkraft der Bevölkerung ein.

Die Volksrepublik importierte im Jänner um 19,9 Prozent weniger Waren aus dem Ausland als noch ein Jahr zuvor, meldeten die Zollbehörden des Landes am Sonntag. Es ist der schärfste Einbruch seit 2009, als China die weltweite Abkühlung nach der Finanzkrise zu spüren bekam. Heute sind die schwachen Importzahlen vor allem ein Zeichen dafür, dass die erhoffte Stärkung des Binnenkonsums in China nicht funktioniert. Der Preisverfall wichtiger Rohstoffe drückt den Wert der Importe des Landes, doch auch die importierte Menge an Öl oder Kohle sank deutlich.

Mit einem Rekord-Handelsbilanzüberschuss von 60 Milliarden US-Dollar bleibt Chinas Wirtschaft weiterhin abhängig von Exporten. Doch auch diese entwickelten sich im Jänner schwach. Statt eines erwarteten Anstiegs um 6,3 Prozent sanken die Ausfuhren um 3,3 Prozent. Die Daten dürften die Sorge verschärfen, dass sich die chinesische Wirtschaft zu stark abkühlt.

„Der Einbruch bei den Importen bedeutet einen Einbruch der generellen wirtschaftlichen Lage“, sagt Hu Yifan, Chefökonom bei Haitong International Securities Group in Hongkong. „In den kommenden Monaten werden wir noch mehr alarmierende Daten sehen.“

Bleibt China konkurrenzfähig?

Die Vergleichbarkeit der chinesischen Konjunkturdaten wird im Jänner und Februar traditionell durch das einwöchige Neujahrsfest erschwert, da zu dieser Zeit die Produktion im Land de facto stillsteht. 2014 war China im Jänner auf „Betriebsurlaub“. Das Land erzeugte in dieser Zeit weniger, die Menschen konsumierten aber deutlich mehr. Heuer steht das Neujahrsfest noch bevor.

Experten zeigten sich vor allem besorgt über die Stärke des Rückgangs. „Das sind sehr seltsame Daten“, erklärte Andrew Polk vom Conference Board in Peking. Der Rückgang bei den Exporten unterstreicht auch die Sorge um einen Rückgang der Wettbewerbsfähigkeit des Landes und die andauernde schwache Nachfrage im Rest der Welt. Die Exporte in die Europäische Union fielen um 4,4 Prozent, jene nach Japan um 20,4 Prozent. Die Ausfuhren nach Russland gingen gar um 42,1 Prozent zurück.

Fraglich ist nun, wie die chinesische Notenbank auf die bedrohlichen Zahlen reagiert. Der Rekord-Handelsüberschuss würde eigentlich eine Aufwertung der Währung nahelegen. Der überraschende Rückgang bei den Exporten das genaue Gegenteil. (auer/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.02.2015)

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