Der Grexit und die selbst "gedruckten" Euros

GREECE ACROPOLIS
GREECE ACROPOLIS(c) EPA (Orestis Panagiotou)
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Analyse. Per Notfallkredit darf Griechenland Euros neuerdings selbst „drucken“. Das erhöht das Risiko bei einem Grexit.

Ab Mittwoch akzeptiert die Europäische Zentralbank keine griechischen Staatsanleihen mehr als Sicherstellung für Notenbankkredite an Banken. Und schneidet damit die griechischen Großbanken, die nichts anderes an Sicherstellungen anzubieten haben, von dringend notwendiger Liquiditätsversorgung ab. Kein Beinbruch, wie wir unterdessen wissen: Die Griechen aktivieren mit demselben Tag das sogenannte ELA-Programm (ELA ist die Abkürzung für Emergency Liquidity Assistance). Das erlaubt es der griechischen Notenbank, ganz ohne EZB eigenständig Notfallkredite an ihre Banken zu vergeben. Und dafür „Sicherheiten“ nach eigenem Geschmack zu akzeptieren. Sie muss dazu die EZB nicht einmal fragen, sondern nur innerhalb von zwei Tagen Bescheid geben. Und die Euro-Notenbanker können so etwas in diesem Fall nur mit Zweidrittelmehrheit stoppen.

Salopp gesagt: Die Griechen „drucken“ Euros ab sofort selbst. Natürlich nicht physisch: So ein Notfallkredit zur Liquiditätsversorgung tritt bei der versorgten Bank als Buchungszeile in Erscheinung, die bei Rückführung wieder aus dem System verschwindet. Eine Art finanztechnische Luftnummer, die unter normalen Umständen die anderen Euro-Partner nicht kratzt: Im Gegensatz zu EZB-Darlehen liegt die Haftung für ELA-Kredite ausschließlich beim betreffenden Euro-Land.

Normalerweise braucht man über diese Hilfskonstruktion also nicht viele Worte verlieren. ELA ist schon mehrfach in Anspruch genommen worden. Von Griechenland selbst, von Irland, von Zypern, von Belgien. Selbst Deutschland hat seine Katastrophenbank Hypo Real Estate zwischendurch mit ELA-Darlehen notbeatmet.

Im Fall Griechenland liegt die Sache jetzt aber freilich ein wenig komplizierter: Die „frisch gedruckten“ Griechen-Notfalleuros könnten nämlich, im Gegensatz zu den bisherigen ELA-Fällen, durchaus das Land verlassen – und solcherart über Umwegen doch zum Haftungsfall für die gesamte Eurozone werden. Was die Intention des ELA-Programms doch stark konterkarieren würde.

Hauptproblem Kapitalflucht

Die EZB scheint sich des Problems bewusst zu sein und mischt sich ungewohnt heftig ein. Etwa mit der getroffenen Einschränkung, die ELA-Notfallkredite auf 60 Mrd. Euro – so groß ist die geschätzte Liquiditätslücke der betroffenen Banken – zu limitieren.

Es gibt diesmal zwei große Probleme, die die interne griechische ELA-Europroduktion zum europäischen Haftungsfall machen könnten: der drohende Austritt Griechenlands aus der Eurozone (mit anschließendem Staatsbankrott) und die derzeit in Gang befindliche beträchtliche Kapitalflucht. Gerade erst ist ja bekannt geworden, dass die Einlagen der Griechen im Inland auf den niedrigsten Stand seit Ausbruch der Krise gefallen sind. Anders gesagt: Die griechischen Banken füllen die Liquiditätslücke, die dadurch entsteht, dass ihre Kunden massenhaft Einlagen abziehen und ins Ausland transferieren, nun mit ELA-Krediten auf. Sie finanzieren auf diese Weise also praktisch die Kapitalflucht.

Transfers ins Ausland laufen (so das Geld nicht im Koffer über die Grenze getragen wird) über das Eurozonen-Zahlungssystem Target 2. Für das Clearing sorgt die EZB – bei der dann auch die Salden hängen bleiben, die aus einseitigen Zahlungsströmen entstehen.

Griechenland stand im Target-System im vergangenen Herbst mit rund 40 Mrd. Euro im Minus, jetzt dürfte es schon deutlich mehr sein. So lange das Land Mitglied der Eurozone ist, ist das überhaupt kein Problem. Scheidet es aber aus, dann wird daraus flugs eine ganz reale (und unerfüllbare) Verbindlichkeit gegenüber der EZB (und ihren Eigentümern, den restlichen Euro-Staaten) – zusätzlich zu den rund 320 Mrd. Euro „normalen“ Staatsschulden.

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