Die Telekom glaubt an Osteuropa

Telekom Austria CEO Ametsreiter talks during an interview with Reuters in Vienna
Telekom Austria CEO Ametsreiter talks during an interview with Reuters in Vienna(c) REUTERS (LEONHARD FOEGER)
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Trotz der schwierigen Marktlage in Bulgarien und Kroatien und der Währungsprobleme in Weißrussland steht ein Ausstieg aus der Region nicht zur Debatte.

Wien. 2011 krachte es zum ersten Mal: Die Tochtergesellschaft Velcom in Weißrussland kam voll in den Strudel der Währungsturbulenzen und riss die Telekom Austria (TA) tief in die roten Zahlen: Ein Minus von 252,8 Mio. Euro war die Folge. 2014 krachte es wieder: Diesmal erwies sich das Bulgarien-Geschäft als Unheilbringer: Die 400 Mio. Euro schwere Abschreibung für die Mobiltel war auch mit einem besseren Österreich-Geschäft und scharfen Sparmaßnahmen nicht auszugleichen. Das Vorjahr schloss die TA mit einem Nettoverlust von 185,4 Mio. Euro. Ein drittes Mal will Telekom-Boss Hannes Ametsreiter solche bösen Überraschungen nicht erleben: „Wir haben aus dem Desaster in Weißrussland gelernt und die Velcom für ein weiches Währungsumfeld fit gemacht. Und in Bulgarien scheint sich die Wirtschaftslage zu entspannen“, so Ametsreiter.

Obwohl die schwache Wirtschaft, der scharfe Wettbewerb und regulatorische Eingriffe auch der kroatischen Vipnet heftig zugesetzt haben (das Betriebsergebnis sackte um 70Prozent auf 15,9 Mio. Euro ab), denkt die Telekom nicht an einen Rückzug aus Südosteuropa. „Nein“, sagte Ametsreiter klipp und klar auf die Frage, ob die Telekom dem Beispiel von Erste Group und RBI folgen wolle, die ihr Osteuropa-Engagement bereits deutlich reduzierten und weiter reduzieren. Teile des Telekom-Aufsichtsrats hatten vor einem Jahr einen Verkauf der Velcom wiederholt ins Spiel gebracht.

Nach der großteils vom Mehrheitsaktionär America Movil des Multimilliardärs Carlos Slim gezeichneten Kapitalerhöhung über eine Milliarde Euro hat die Telekom nicht nur mehr Eigenkapital und weniger Schulden. „Wir können Zukäufe im dreistelligen Millionenbereich aus eigener Kraft stemmen“, meinte Ametsreiter am Mittwoch. Den Blick richtet er dabei weiterhin auf Osteuropa. Im Fokus stünden einerseits Kabelnetzbetreiber, um auch in diesen Ländern die Konvergenz von Festnetz, Mobilfunk und Breitbandinternet voranzutreiben. Andererseits will der Konzern Chancen bei Marktbereinigungen nutzen. So wurde im Vorjahr der größte Kabelnetzanbieter Mazedoniens gekauft. Die mazedonische Handytochter Vip Operator wird mit One von Telekom Slovenije fusioniert.

(c) Die Presse

Renaissance des Festnetzes

Konvergenz heißt auch in Österreich das Zauberwort. Dabei feiert das Festnetz eine Renaissance. Treiber ist das Breitband. „Mit Mobilfunk allein sind hohe Geschwindigkeiten nicht zu erreichen, das merken auch die Kunden“, erklärte Ametsreiter und kündigte neue Kombiprodukte für den Jahresverlauf an. Allein heuer investiert die Telekom knapp 300 Mio. Euro in das Festnetz, für den Mobilfunk sind gut 100 Mio. Euro geplant. Insgesamt will die Telekom bis 2018 eine halbe Mrd. Euro in den Ausbau des Glasfasernetzes investieren – wobei die von der Regierung in Aussicht gestellte Breitbandmilliarde zusätzlichen Schub geben soll. Wie viel die Telekom bekommt, ist offen. Das Infrastrukturministerium hat die Förderdetails für März angekündigt.

Die Tatsache, dass das in der Telekombranche relevante operative Ergebnis vor Abschreibungen (Ebitda) in Österreich trotz harter Konkurrenz im Vorjahr erstmals seit sechs Jahren zugelegt hat, zählt für das Telekom-Management mehr als der Konzernverlust. Heuer soll sich auch der Kundenrückgang von über fünf Prozent im Mobilfunk einpendeln. „Es geht wieder aufwärts“, lautet die Botschaft. Ist das auch ein Signal an die Aktionäre? Bei „entsprechendem Spielraum“ könnte die Dividende von derzeit fünf Cent wieder steigen, meinte Ametsreiter. Dafür muss aber noch viel gespart und verdient werden. (eid)

VERANSTALTUNGSHINWEIS

„Wirtschaft Wissenschaft Unplugged“ ist eine Kooperation von „Presse“, Erste Group und Wirtschaftsuniversität Wien. Am 16. Februar diskutieren Martin Winner, Vorstand des WU-Departments für Unternehmensrecht, Arbeits- und Sozialrecht, und Siegfried Wolf, Vorsitzender des Aufsichtsrats von Russian Machines OJSC, über das Thema: „Das Geschäft mit dem Osten – Perspektiven für den Standort Europa“. Die Veranstaltung wird von „Presse“-Chefredakteur Rainer Nowak moderiert. diepresse.com/unplugged

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2015)

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