Caritas: Jeder dritte Grieche von Armut bedroht

A woman holds a placard during a vigil to support the newly elected Greek government,
A woman holds a placard during a vigil to support the newly elected Greek government,(c) REUTERS (RAFAEL MARCHANTE)
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Die EU-Kommission prognostizierte Griechenland 2,9 Prozent Wirtschaftswachstum. Die Armutsrate bleibt trotzdem hoch – so ein Caritas-Report.

Wien. Während in Brüssel die Verhandlungskämpfe um eine mögliche Verlängerung des griechischen Hilfsprogramms zwischen Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis und seinen Euro-Amtskollegen unter Führung Deutschlands ausgetragen werden, sehen viele Europäer keine Sinnhaftigkeit in neuen Unterstützungszahlungen. Sollten die Verhandlungen platzen, droht dem Land noch im Frühjahr die Zahlungsunfähigkeit. Gegner weiterer Hilfspakete begrüßen dieses Szenario und argumentieren unter anderem, so schlecht ginge es dem griechischen Volk angesichts der nunmehr sieben Jahre dauernden Krise nicht. Das Wohlstandsniveau liege noch immer über jenem anderer EU-Mitgliedstaaten.

Dieser Annahme widerspricht der aktuelle Krisenreport 2015 der Caritas Europa, der am Donnerstag in Rom vorgestellt wurde: 2013 waren mehr als ein Drittel der zwölf Millionen Griechen von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffen, so die Hilfsorganisation. Geschlagen wird das Land in dem negativen Ranking EU-weit lediglich von Rumänien. Dort lebten 2013 rund 40 Prozent der Bevölkerung in Armut. Ähnlich zugespitzt präsentiert sich die Lage unter Griechenlands Jugend: Die Armut der unter 18-Jährigen stieg seit 2012 weiter, knapp 29Prozent der Kinder und Jugendlichen lebten 2013 in Armutsverhältnissen. Als Hauptursache für die prekäre griechische Lage sieht Caritas Europa die hohe Arbeitslosigkeit und eine europaweite Schieflage in der Beschäftigungspolitik. Alle Energie werde auf ökonomisches Wachstum, nicht aber auf den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit gerichtet, prangerte die Hilfsorganisation an.

Jugendarbeitslosigkeit explodiert

Bereits 2013 zeichnete ein Bericht der Caritas Griechenland ein düsteres Bild der humanitären Lage im Land. Einem Drittel der Bevölkerung drohe der soziale Absturz, so die damalige Prognose. Anfang 2013 betrug die Arbeitslosenquote am Hellespont 27,2 Prozent, unter Jugendlichen zwischen 15 und 24 Jahren sogar alarmierende 59,3 Prozent. Im Vergleich lagen diese Zahlen kurz nach Ausbruch der Wirtschaftskrise Anfang 2009 noch bei unter neun Prozent.

Laut dem Griechenland-Report sind mehr als 900.000 Haushalte armutsgefährdet. 21 Prozent der Griechen leben von weniger als dem Mindestlohn von 470 Euro im Monat. Jeder Dritte konnte seine Hypothek respektive Miete nicht mehr bezahlen.

Zumindest die Rahmenbedingungen haben sich zuletzt verbessert: 2014 wies Griechenland erstmals seit 2007 ein positives Wirtschaftswachstum auf – die Rezession scheint überwunden, die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist aber weiter angespannt. (loan)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2015)

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