Deutsche Wirtschaft boomt, Börse enttäuscht

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Frankfurter B�rse(c) APA/dpa/Frank Rumpenhorst (Frank Rumpenhorst)
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Die Aussichten für die deutsche Wirtschaft sind so gut wie seit einem halben Jahr nicht. Die Börse reagierte dennoch enttäuscht. Zuvor hatte der DAX ein Allzeithoch erreicht.

Frankfurt/Berlin. Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich im Februar den vierten Monat in Folge aufgehellt– wegen der Griechenland-Krise und des Ukraine-Konflikts allerdings nur minimal. Das Barometer für das vom Münchner Ifo-Institut berechnete Geschäftsklima kletterte um 0,1 Zähler und erreichte mit 106,8 Punkten das höchste Niveau seit sieben Monaten, wie das Ifo-Institut unter Berufung auf seine Umfrage unter 7000 Managern mitteilte. Ökonomen hatten allerdings einen kräftigeren Zuwachs auf 107,7 Punkte erwartet.

Schwacher Euro hilft Industrie

„Die deutsche Wirtschaft zeigt sich robust gegenüber den geopolitischen Unsicherheiten“, erklärte Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn. Die Führungskräfte beurteilten ihre Lage etwas schlechter als im Vormonat (der entsprechende Indikator fiel 111,7 auf 111,3 Punkte), ihre Geschäftsaussichten hingegen optimistischer (der Wert erhöhte sich von 102,0 auf 102,5 Punkte).

Verbessert hat sich die Stimmung in der exportabhängigen Industrie. „Ein wichtiger Impulsgeber bleibt das Auslandsgeschäft“, erklärte Sinn. Die Industrie profitiert vom schwächelnden Euro, der binnen eines Jahres fast 18 Prozent zum Dollar abgewertet hat. Dadurch können Waren auf wichtigen Absatzmärkten wie der weltgrößten Volkswirtschaft USA billiger angeboten werden. Somit hellten sich die Exporterwartungen bereits den fünften Monat in Folge auf.

Auch die Einzelhändler sind optimistischer: Sie profitieren davon, dass ihre Kunden durch niedrigere Ölpreise um Milliarden entlastet werden. „Auf den deutschen Verbraucher ist derzeit Verlass“, sagte Ökonom Holger Sandte von der Bank Nordea. Im Großhandel, in der Baubranche sowie bei den Dienstleistern erhielt das Lager der Pessimisten hingegen etwas Zulauf.

Das Wirtschaftswachstum dürfte nach Einschätzung des Ifo-Instituts im ersten Quartal nicht so stark ausfallen wie Ende 2014. „Nachdem das vierte Quartal so gut gelaufen ist, wird es schwierig, das im ersten Quartal zu toppen“, sagte Ifo-Konjunkturexperte Klaus Wohlrabe. „Das Wachstum von 0,7 Prozent wird nicht zu halten sein.“ Wie stark der „Rückpralleffekt“ sein werde, sei bisher nicht abzuschätzen, weil das Statistische Bundesamt noch keine Einzelheiten zu den Daten für das Schlussquartal veröffentlicht habe.

Auf dem Aktienmarkt zeigten sich die Anleger vom geringen Anstieg des Ifo-Index enttäuscht: Der Leitindex DAX, der am Vormittag– beflügelt von der Aussicht auf eine Einigung im Schuldenstreit mit Griechenland– den dritten Tag in Folge ein Rekordhoch erklommen hatte, grenzte seine Gewinne leicht ein. „Die Zahlen waren etwas enttäuschend, gemessen an den Markterwartungen“, so Sandte.

Erwartungen sind gut

Für Dekabank-Ökonom Andreas Scheuerle ist das jedoch kein Beinbruch. „Die gute Nachricht ist: Die Erwartungen steigen weiter an, und diese sind für die Investitionen und die kommende konjunkturelle Entwicklung die entscheidende Größe.“ Viele Ökonomen rechnen damit, dass das deutsche Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um bis zu zwei Prozent wachsen könnte. 2014 betrug das Wachstum 1,6 Prozent.

Seit Jahresbeginn hat der Frankfurter Leitindex DAX um 13 Prozent zugelegt. Er tut sich allerdings leichter als die meisten anderen Börsenindizes, ein Allzeithoch nach dem anderen einzustellen, da er ein Performance-Index ist: Er spiegelt nicht nur die Kursgewinne, sondern auch die Dividendenzahlungen wider. Bereinigt man ihn um diese, hätte er sein Allzeithoch aus dem Jahr 2000 noch nicht ganz erreicht. (Reuters/b.l.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.02.2015)

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