Praxistest: Was der U-Ausschuss nicht sein soll

(c) Michaela Bruckberger
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Der U-Ausschuss zur Hypo muss beweisen, dass er etwas weiterbringt. Die neuen Regeln sollten dabei helfen.

Wien. Die Regierung wolle „den U-Ausschuss abdrehen“, die Opposition ihn als „Tribunal missbrauchen“. Es sind Vorwürfe wie diese, die bei vergangenen Untersuchungsausschüssen zwischen den Parteien laut wurden. Tatsächlich gibt es Fallen, in die der Hypo-U-Ausschuss nicht tappen sollte.

1. Ein U-Ausschuss ist kein Gerichtsprozess, und Zeugen sind keine Angeklagten.

Der U-Ausschuss muss bei der Sache bleiben, und Abgeordnete dürfen sich nicht als Ersatzrichter aufspielen. Es gilt, die politische Verantwortung zu klären, nicht die rechtliche. Auskunftspersonen (so heißen die Zeugen dort) müssen im U-Ausschuss zwar hart befragt werden, der Ausschuss soll aber nicht bloß als Ort der parteipolitischen Auseinandersetzung dienen. In der Vergangenheit versuchten Abgeordnete, den U-Ausschuss politisch auszunutzen. Wenn auch weniger im Gremium selbst, als in dessen Umfeld – etwa, indem man nach dem Ausschusstag seine sehr eigene Interpretation des Geschehenen vor Kameras verlautbart.

Im Ausschuss bleiben Kameras und Tonaufnahmen weiter untersagt, Journalisten dürfen aber zusehen und sich selbst ein Bild machen. Neu ist allerdings die Funktion des Verfahrensrichters, besetzt mit dem früheren Staatsanwalt und Richter Walter Pilgermair. Diese Funktion dürfte für eine bessere Ordnung sorgen. Der Verfahrensrichter berät die vorsitzende Nationalratspräsidentin. Und er allein übernimmt die Erstbefragung, die bis zu 15 Minuten dauern darf. Da er keiner Fraktion verpflichtet ist, kann der Verfahrensrichter sich bei den Fragen auf das Wesentliche konzentrieren. Erst dann sind die Abgeordneten am Wort.

2. Prominente Politiker dürfen sich nicht vor einer Aussage im U-Ausschuss drücken.

Wer das Hin und Her um eine Aussage von Kanzler Werner Faymann im Zusammenhang mit der Inseratenaffäre noch im Kopf hat, der weiß: Mächtige konnten sich bisher ganz gut vor einer Aussage im Ausschuss drücken, wenn sie die Koalitionsmehrheit hinter sich haben.

Diesmal wird es aber schwer, sich vor Aussagen zu drücken. Denn es gelten nun neue Minderheitsrechte. So sind Zeugen bereits dann zu laden, wenn es nur ein Viertel der im U-Ausschuss vertretenen Mandatare (ihre Verteilung richtet sich nach der Sitzverteilung im Parlament) will. Heißt im Klartext: Die Koalition kann die Ladung von Auskunftspersonen nicht verhindern. Oder zumindest nicht ohne gute Gründe (siehe Punkt 3). Und eine Beugestrafe – 1000 bis 10.000 Euro beim ersten Nichterscheinen, bis zu 30.000 Euro bei weiterer Missachtung des Ausschusses – werden einmal geladene Zeugen auch kaum riskieren wollen.

3. Konflikte soll man nach rechtlichen, nicht politischen Gesichtspunkten entscheiden.

Unterschiedliche Rechtsmeinungen kamen schon bisher vor, man denke nur an den Streit um geschwärzte Akten. Auch diesmal wird es Zwist geben, das ist absehbar. Gilt es doch, die neuen Regeln erstmals in der Praxis zu interpretieren.

Das Gute: Nun kann der Verfassungsgerichtshof (VfGH) angerufen werden, um einen Streit nach rechtlichen Gesichtspunkten zu lösen. So kann etwa die Mehrheit im Ausschuss beanstanden, dass ein von der Minderheit gewünschter Zeuge nichts mit dem Untersuchungsgegenstand zu tun habe. In diesem Fall müsste nun der VfGH klären, ob der Zeuge geladen werden soll.

4. Der Untersuchungsausschuss soll sich nicht in Details verlieren, sondern zügig arbeiten.

Um in der Causa Hypo Licht ins Dunkel zu bringen, wird man sich zwar auch Details genau anschauen müssen. Abschweifungen vom Thema sollte man sich aber nicht leisten, sondern zügig arbeiten.

Zwei Punkte werden dabei helfen: Erstens muss nun erstmals der Untersuchungsgegenstand des Ausschusses genau bezeichnet werden, und zweitens gibt es nun zeitliche Beschränkungen, die zu rascher Arbeit mahnen. Der U-Ausschuss darf nur zwölf Monate dauern. Per Minderheitsbeschluss kann er dann noch einmalig um weitere drei Monate verlängern, die Mehrheit könnte ihn danach noch um weitere drei Monate verlängern. Dann ist aber jedenfalls Schluss.

5. Nach Abschluss des Ausschusses muss es mehr Klarheit, nicht mehr Verwirrung geben.

Man muss wohl auch davon ausgehen, dass das Ergebnis des Untersuchungsausschusses unterschiedlich bewertet werden wird. Jede Fraktion darf ihre eigenen Schlussfolgerungen über den U-Ausschuss verfassen. Aber auch der Verfahrensrichter wird diesmal seinen eigenen Bericht schreiben – losgelöst von den Fraktionen. Und zumindest aus diesem darf man sich sehr wohl Erkenntnisse erwarten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.02.2015)

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