2015 wird das Jahr des mobilen Bezahlens

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Das Smartphone soll zur digitalen Brieftaschewerden. Prophezeit wird es bereits seit Jahren, aber nun scheinen die Unternehmen der Umsetzung einen entscheidenden Schritt näher gekommen zu sein.

Alle wollen sie das Bezahlen revolutionieren. Den Stein der Weisen hat aber noch kein Hersteller gefunden. Die Industrie scheint sich aber zumindest dahingehend einig zu sein, dass das bargeldlose Bezahlen die Zukunft ist. Die mittlerweile 65 Jahre alte Kreditkarte soll ausgedient haben. Das Smartphone soll zur Brieftasche 2.0 werden. Doch da hört es dann mit den Gemeinsamkeiten zwischen den Kreditkartenanbietern, Smartphone-Herstellern und Software-Anbietern auch wieder auf.

Seit beinahe vier Jahren ist auf den einschlägigen Technikmessen, darunter auch auf dem Mobile World Congress in Barcelona, das mobile Bezahlen ein Trendthema. Jährlich werden neue Technologien und Ansätze von kleinen und großen Unternehmen vorgestellt. Seitdem rückt auch das Bezahlen mit dem Smartphone näher. Doch viele Innovationen sind auch schnell wieder in Vergessenheit geraten. Kaum jemand kann sich noch an die iCarte von Visa und Wireless Dynamics Inc. erinnern. Dabei handelte es sich um ein Zusatzgerät, das an das iPhone angeschlossen wurde, um das Bezahlen via Smartphone zu ermöglichen.

Vor knapp vier Jahren präsentierte dann der Suchmaschinenkonzern Google sein Online-Bezahlsystem Google Wallet für das Android-Betriebssystem. Bei der Präsentation versprach man, dass das Handy das Portemonnaie der Zukunft sein würde. Das Unternehmen setzt seit Beginn auf die Funktechnik NFC, mit der Geräte auf kurze Distanz miteinander kommunizieren können. Mit der Einschätzung, dass bis 2014 die Hälfte aller Smartphones über einen NFC-Chip verfügen würden, behielt man zwar recht, aber der Durchbruch stellte sich trotzdem nicht ein. Die Verbreitung der Google-Lösung ist bis auf Nordamerika nach wie vor marginal. Und auch die von Experten prophezeite Signalwirkung blieb aus. Zwar wurde mit der Präsentation die Technologie Realität, aber getan hat sich seitdem nicht viel.


Aufbruchstimmung. Vor einigen Monaten präsentierte Apple gemeinsam mit dem iPhone 6 und dem iPhone 6 Plus sein bargeldloses Bezahlsystem mit dem simplen Namen Apple Pay. Und seit dem Start in den USA im Herbst des Vorjahres scheint die Konkurrenz aus dem Dornröschenschlaf erwacht zu sein. Dass Mobile Payment zur Standardisierung des Zahlungsverfahrens führen könnte, scheint nun doch wieder realistisch und in greifbarer Nähe.

Der südkoreanische Hersteller Samsung will das Feld Apple nicht zur Gänze überlassen. Kürzlich übernahm Samsung das auf Online-Bezahlsysteme spezialisierte Unternehmen LoopPay. Die Software erlaubt Nutzern ähnlich wie Apple Pay, direkt mit dem Smartphone zu bezahlen. Anders als Apple und Google setzt man dabei aber nicht auf NFC, sondern auf die sogenannte Magnetic Secure Transmission. In der von LoopPay entwickelten App müssen lediglich die gewünschten Kredit- und Bankomatkarten via Lesegerät abgespeichert werden. Dabei wird der Magnetstreifen ausgelesen. Beim Bezahlen imitiert die App dann am Terminal die Karte. Der Vorteil dabei ist, dass die Technologie mit über 90 Prozent aller Zahlungsterminals kompatibel ist und ein Austausch beziehungsweise Aufrüsten nicht notwendig wäre.

Und auch Google hat auf einmal mobiles Bezahlen wieder für sich entdeckt. Um Apple entgegentreten zu können, sind anscheinend auch die US-Mobilfunkbetreiber bereit, mit Google zu kooperieren. Der Suchmaschinenkonzern hat sich bei Anbietern wie AT&T, Verizon und T-Mobile mit Patenten und Konkurrenzmodellen nicht unbedingt beliebt gemacht. Künftig wird jedes Gerät, das von diesen drei Betreibern vertrieben wird, Google Wallet installiert haben. Im Gegenzug dafür kauft Google Technologie und Patente von Softcard, dem Gemeinschaftsunternehmen der drei Mobilfunkanbieter.

Doch wie Google Wallet hat sich auch Softcard nicht bei den Nutzern durchgesetzt. Nachdem es sich bei den neuen Google-Partnern um die drei größten Provider handelt, mit einer Anzahl von über 300 Millionen Kunden, könnte dies der nötige Schub sein, der in den vergangenen Jahren gefehlt hat. Außer Acht darf nicht gelassen werden, dass Android das am weitesten verbreitete mobile Betriebssystem ist. Das Kundenpotenzial ist damit für die neuen Partner enorm. Doch trotz des späten Einstiegs Apples in diesen Markt werden bereits zwei Drittel aller Smartphone-Transaktionen über Apple Pay getätigt. Noch ist das Service nur in den USA verfügbar, es ist aber bloß eine Frage der Zeit, bis es in Europa verfügbar ist.

Wann hingegen Google Wallet in vollem Umfang in Europa starten wird, ist ungewiss. Vor einer großen Herausforderung stehen aber alle Anbieter. Sie müssen vorherrschende Sicherheitsbedenken aus dem Weg räumen. Denn so praktisch, unkompliziert und schnell das Bezahlen über NFC oder QR-Code auch funktioniert, gibt es noch offene Fragen bezüglich Verschlüsselungen und Sicherheitsmechanismen zu klären.

Vor allem deswegen, weil Google Interesse daran hat, Kundendaten zu analysieren. Aus diesen lassen sich zielgerichtete und personalisierte Anzeigen erstellen. Eine wichtige Einnahmequelle für Google. Hier fehlt es noch an Transparenz und Aufklärung betreffend die Datenspeicherung. Apple konnte diese Bedenken bereits aus dem Weg räumen. Die Daten werden weder auf dem Gerät noch auf Servern gespeichert. Vielleicht ist 2015 wirklich das Jahr des mobilen Bezahlens.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.03.2015)

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